Süddeutsche Zeitung

Corona-Ausbruch auf Kreuzfahrtschiff:"Genug ist genug"

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Ein Tui-Schiff sollte gestrandete Mitarbeiter nach Hause bringen. Jetzt hängt es wegen mehrerer Corona-Fälle seit einer Woche in Cuxhaven fest. Und die Geduld der Menschen an Bord schwindet.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Nun hat Corona also wieder eines dieser Schiffe erreicht, die gewöhnlich mit Feriengästen um die Welt fahren. Diesmal an einem deutschen Ufer und mit ungemütlichen Folgen. "Die Lage ist nicht mehr kontrollierbar", schreibt am Dienstagvormittag ein Besatzungsmitglied in einem Kreuzfahrtportal, da liegt die Mein Schiff 3 bereits seit einer Woche im Hafen von Cuxhaven. Auch macht ein Handyvideo die Runde, offenbar von einem der Balkone, man sieht am Pier Krankenwagen. "Enough is enough!", genug ist genug, schreit ein Mann. "Send people home", schickt die Leute nach Hause.

So geht es dieser Tage zu auf der Mein Schiff 3 des Unternehmens Tui Cruises. Auf dem blauen Rumpf sind Wörter wie "Wohlfühlen", "Genuss" und "Fernweh" zu lesen, doch das Vergnügen der Männer und Frauen auf diesem Dampfer scheint sich derzeit in Grenzen zu halten, und ihr Fernweh richtet sich aktuell eindeutig Richtung Heimat. Die üblichen Passagiere sind wegen Corona längst nicht mehr an Bord, aber ungefähr 2900 Angestellte, die nur noch heimwollen, doch bis zuletzt nicht heimdurften. Ebenfalls wegen Corona.

Normalerweise wäre die Mein Schiff 3 unterwegs Richtung Oslo und Kopenhagen, aber das Programm wurde wegen der Pandemie im März bis auf Weiteres gestrichen. Tui Cruises soll dafür sorgen, dass auch die Kellner, Zimmermädchen oder Matrosen wieder bei ihren Familien landen. So wurde die Mein Schiff 3 zu einem Sammeltaxi auch für Mitarbeiter anderer Schiffe der Flotte, zuletzt waren offenbar weitere Mitfahrer auf den Kanarischen Inseln zugestiegen. Von Cuxhaven aus sollen sie alle ihre Rückreise antreten, doch vorläufig befindet sich das Sammeltaxi nun genauso in Quarantäne wie zuvor zahlreiche andere Schiffe in Häfen auf der ganzen Welt. Erst wurde auf der Mein Schiff 3 ein positiver Test auf Covid-19 bekannt. Bis Montagabend stieg die Zahl dann aber schon auf acht.

Flüge von 8. Mai an

Der erste Patient kam auf die Isolierstation einer Cuxhavener Klinik, die sieben weiteren Fälle wurden zunächst in ihren Kabinen isoliert. Sie hätten alle nur milde oder gar keine Symptome, heißt es. Dennoch verzögert sich die Evakuierung nach zum Teil wochenlanger Odyssee dermaßen, dass Betroffene zunehmend ärgerlich werden. Am Wochenende rückte sogar die Polizei an - im Rahmen von Wutanfällen soll Mobiliar demoliert worden sein. Die Nerven liegen blank, einige der Kasernierten haben seit geraumer Zeit kein Land mehr betreten, geschweige denn Angehörige getroffen.

Man wisse um die angespannte Stimmung, gibt die Reederei bekannt. Am Dienstag sollte die Mein Schiff 6 einen Teil der Mannschaft aufnehmen, dazu kam es dann nicht. Von 8. Mai an sollen 900 Wartende von der Mein Schiff 3 mit Chartermaschinen aus Hamburg und Frankfurt nach Indonesien und in die Ukraine ausgeflogen werden. Wybcke Meier, die Vorsitzende der Geschäftsführung von Tui Cruises, bedankt sich "bei der Crew für ihre Geduld".

Die Geduld allerdings geht dem einen oder anderen langsam aus.

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