Süddeutsche Zeitung

60. Geburtstag:Vom Lieblingssohn zur Persona non grata

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Die Ehrung von Prinz Andrew zum runden Geburtstag fällt bescheiden aus. Bisher hieß es, die Queen habe die Feier gestrichen. Jetzt findet wohl doch ein privates Abendessen statt.

Von Max Sprick

Zu seinem 40. Geburtstag lud seine Ex-Ehefrau fünf seiner Ex-Freundinnen ein, unter ihnen eine Softporno-Darstellerin. Zu seinem 50. feierte er mit der Ex-Ehefrau und den beiden Töchtern beim Skifahren in der Schweiz, danach richtete die britische Königin eine große Party für ihn im Buckingham Palace aus, es folgte eine weniger offizielle, aber ebenso feierliche Geburtstagsparty im St. James Palace.

Prinz Andrew hat also durchaus aufregende Jubiläen erlebt. Und nun, da er 60 wird? Ist er abgetaucht. Der Buckingham-Palast äußert sich nicht zu Andrews Geburtstagsplänen, gibt nur so viel bekannt: "Das ist Privatsache."

Der Boulevardzeitung Daily Mail zufolge gibt es ein privates Abendessen in der Royal Lodge, der Windsor-Residenz, die Andrew mit seiner einstigen Ehefrau Sarah Ferguson teilt. Zahlreiche Freunde sollen abgesagt haben.

Im vergangenen November hatten mehrere britische Medien noch berichtet, die Queen habe die große Feier mit mehreren Hundert Gästen zu Ehren ihres einstigen Lieblingssohns abgesagt. Andrew, der wegen diverser Affären und Ungeschicklichkeiten nie der Liebling des britischen Volkes war, ist auch bei seiner Mutter in Ungnade gefallen, was daran liegt, dass sich die US-Justiz für das dritte Kind der Königin interessiert. Andrew soll in einen Missbrauchsskandal verwickelt sein.

Förmlich will ihn das FBI als Zeugen befragen, bislang wirft ihm keine Behörde offiziell Fehlverhalten vor. Doch dass Andrew auf die Kontaktversuche des FBI nicht reagiert, dass er sein Wort nicht hält, wie es US-Staatsanwalt Geoffrey S. Berman Ende Januar formulierte, das erhärtet den Verdacht, dass Andrew vielleicht mehr sein könnte als nur Zeuge.

Der Prinz hatte im November mitteilen lassen, dass er der Justiz helfen wolle. Die US-Amerikanerin Virginia Giuffre wirft Andrew vor, sie missbraucht zu haben. Giuffre behauptet, sie sei vom Milliardär Jeffrey Epstein als Minderjährige zum Sex mit dem Prinzen genötigt worden. Andrew weist die Vorwürfe zurück. Von den Machenschaften seines früheren Kumpels Epstein, der im August vergangenen Jahres Suizid beging, will Andrew nichts mitbekommen haben.

Er selbst habe darum gebeten, die sonst zum 60. Geburtstag übliche Beförderung zum Admiral aufzuschieben, teilte der Palast mit. Auch die sonst übliche Beflaggung der britischen Rathäuser fällt aus. Viele Bürgermeister hatten zuvor verärgert auf die entsprechende Anweisung von der Regierung reagiert.

Joe Anderson, Bürgermeister von Liverpool, sagte der Zeitung Liverpool Echo: "Wenn Sie sich sein Verhalten ansehen, wäre es für uns nicht angebracht, seinen Geburtstag zu feiern." Ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson teilte schließlich mit, dass die lokalen Politiker "nicht dazu verpflichtet" seien, den Union Jack zu Ehren Andrews wehen zu lassen. Als einziges politisches Zeichen sollen die Glocken von Westminster Abbey läuten.

Virginia Giuffre twitterte kürzlich ein Foto von einem Suchplakat mit einem Foto von Andrew, versehen mit der Frage: "Haben Sie diesen Prinzen gesehen?" Auch anlässlich seines Geburtstages wird er sich wohl kaum öffentlich zeigen. Zu verheerend war der Eindruck, den er im November mit einem BBC-Interview hinterließ, als er angesprochen auf die Vorwürfe ins Stottern kam. Seine royalen Aufgaben lässt Andrew seitdem ruhen.

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