Süddeutsche Zeitung

Graubünden:"Phase Rot" für Schweizer Bergdorf

Lesezeit: 2 min

In wenigen Tagen könnte in Graubünden ein Fels abrutschen - und das Dorf Brienz erfassen. Nun hat sich die Lage erneut verschärft.

Von Dimitri Taube

Riesige Felsmassen bedrohen das Alpendorf Brienz in Graubünden in der Schweiz schon seit Jahrzehnten. Nun verschärft sich die Lage noch einmal: Am Freitag hat die Gemeinde Albula/Alvra die "Phase Rot" ausgerufen. Das bedeutet: In den nächsten vier bis vierzehn Tagen könnte ein Fels abrutschen und Brienz erfassen. Es gilt nun deshalb ein absolutes Betretungsverbot für das Dorf und das Gelände drumherum.

Die Sperrungen aller Wege und Straßen seien gut sichtbar markiert und müssten unbedingt eingehalten werden, heißt es in einer Mitteilung der Gemeindeverwaltung. Bei einem Abbrechen der Insel - so heißt der Felsbereich - bestehe im gesperrten Gebiet Lebensgefahr. Einsatzkräfte dürfen das Gebiet nach Angaben der Gemeinde aber unter speziellen Sicherheitsvorkehrungen betreten.

Brienz liegt etwa 25 Kilometer Luftlinie südwestlich von Davos auf etwa 1 100 Metern Höhe. Bis zu einem Meter pro Jahr rutscht das Dorf ins Tal. Oberhalb des Dorfes seien bis zu zwei Millionen Kubikmeter Felsmaterial in Bewegung, berichtete der Leiter des Frühwarndienstes, Stefan Schneider. Die Gesteinsmassen bewegen sich nach den Messungen mehr als doppelt so schnell wie noch vor wenigen Wochen.

Bereits am Dienstagabend informierten die Lokalbehörden die Anwohner, dass das Dorf bis Freitag, 18 Uhr, geräumt werden müsse. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt erließ am Mittwoch aus Sicherheitsgründen eine Flugverbotszone rund um den Brienzer Rutsch. Die Zone reicht vom Boden bis auf eine Höhe von etwa 3 000 Meter und hat einen Radius von etwa 3,5 Kilometern. Das Flugverbot dient laut Gemeinde der Sicherung von Helikoptereinsätzen durch die Einsatzkräfte und gilt insbesondere auch für Drohnen.

Phase Blau startet, wenn der Felsabbruch unmittelbar bevorsteht

Die Dorfbewohner müssen in Ferienwohnungen oder private Unterkünfte ziehen. Zuletzt sollen in Brienz mehr als 50 Menschen gelebt haben. Die Gemeinde hat eine Hotline eingerichtet, um sie zu unterstützen, und stellt ihnen einen Lagerraum zur Verfügung. Für die Kosten der Evakuierung haben Gemeinde und Kanton zudem 700 000 Franken Soforthilfe freigegeben. Auch ein Spendenkonto ist eingerichtet.

Ursprünglich war geplant, dass die Anwohner von diesem Samstag an tagsüber stundenweise ins Dorf zurückkehren können. Durch den Beginn der Phase Rot ist das nicht mehr möglich. Die nächste Phase wäre dann Blau. Sie startet, wenn der Felsabbruch unmittelbar bevorsteht. In einem solchen Fall müssen auch zwei Häuser im Nachbarort evakuiert sowie weitere Straßen und Bahnlinien gesperrt werden. Die Phase Blau könne schon in wenigen Tagen beginnen, so die Gemeindeverwaltung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5855433
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.