Süddeutsche Zeitung

Bienen in der Stadt:Manhattan, wie es summt und brummt

Lesezeit: 2 min

Von Marie Schiller

So viel Aufmerksamkeit hat der Hot-Dog-Stand mitten in Manhattan wahrscheinlich noch nie bekommen - und trotzdem so wenige Würstchen verkauft wie wohl selten. Ein Schwarm Tausender Honigbienen, nach Schätzungen mehr als 20 000 Insekten, hatte sich am Dienstagnachmittag auf den gelb-blauben Sonnenschirmen des Standes am Times Square niedergelassen - und so für Aufregung gesorgt. Manche Passanten schossen Fotos. Andere fuchtelten wild vor ihren Gesichtern herum, zogen die Schultern nach oben, um möglichst wenig Angriffsfläche für Stiche an Hals und Nacken zu bieten.

Warum der Schwarm ausgerechnet den Stand auf der 7th Avenue zwischen 42nd und 43rd Street angesteuert hat, ist nicht ganz klar. Es könnte sein, dass die Insekten wegen der hohen Temperaturen von bis zu 34 Grad Celsius am Dienstag ihren eigentlichen Unterschlupf auf einem der Dächer Manhattans verlassen hatten. Ein Vertreter der New Yorker Imkervereinigung vermutete die Ursache für den Vorfall in einem mangelhaft gepflegten Bienenstock in der Nähe des Times Square. Auf den Dächern in der unmittelbaren Umgebung befänden sich gleich mehrere, sagte er dem Guardian.

Die herbeigerufene New Yorker Polizei schickte zwei Bienen-Spezialisten und sperrte den betroffen Bereich für etwa eine Stunde ab. Michael Lauriano vom New York Police Departement (NYPD) saugte die Insekten mit einem speziellen Gerät ein. "Wir wollen so viele bekommen, wie möglich, damit wir die Familien zusammenhalten können", sagte der unter Kollegen als "the bee guy" bekannte Beamte der New York Post. Laut einer Stellungnahme des NYPD wurde niemand verletzt. Die Bienen sollen jetzt nach Long Island gebracht werden und dort eine neue Heimat finden.

Dass Bienenvölker an ungewöhnlichen Orte auftauchen, kommt immer wieder vor. 2016 ließ sich ein Schwarm ausgerechnet beim Festival "Rock im Park" nieder. Die Feuerwehr musste anrücken, ein Imker entfernte die Insekten und brachte sie in einen neuen Bienenstock. Im selben Jahr belagerten Hunderte Bienen in Berlin ein angeschlossenes Fahrrad. Lenker und Gestell waren fast vollständig von den Insekten bedeckt. Auch hier musste das Gebiet abgesperrt und die Tiere von einem Spezialisten umgesiedelt werden. In diesem Jahr schien das rote "A" an der Fassade einer nordrhein-westfälischen Apotheke besonders reizvoll für ein Bienenvolk zu sein. In Hamm-Uentrop bedeckten die Tiere den Reklame-Buchstaben.

Ein Grund für das vermehrte Auftauchen von Bienenschwärmen in Großstädten ist das sogenannte Urban Imkering. Um Bienenstöcke auf Dächern, Balkonen, in städtischen Gärten und Hinterhöfen ist ein regelrechter Hype entstanden. "In Berlin gibt es mittlerweile ungefähr sieben Bienenvölker pro Quadratkilometer", sagt Petra Friedrich, Pressesprecherin des Deutschen Imkerbundes der SZ. Dass Bienen schwärmen und versuchen, sich andernorts neu anzusiedeln, sei ganz normal. In der Großstadt sind beispielsweise hohle Bäume schwer zu finden. Die Tiere suchen sich Nist-Alternativen. Außerdem sei das Nahrungsangebot in Großstädten oft besser als im ländlichen Raum, erklärt Friedrich. "In der Stadt blüht zu jeder Zeit irgendetwas."

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