Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Ein Bild zu viel

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Als die Kuratoren der Bundeskunsthalle in Bonn ihre Schau "Wer wir sind" abbauten, stellten sie fest: Ihnen wurde ein Kunstwerk geschenkt.

Von Alexander Menden

Als der englische Graffiti-Künstler Banksy im Jahre 2005 sein Werk "Peckham Rock" ins British Museum schmuggelte, hing das Ding nebst zusätzlich angebrachtem Informationstäfelchen mehrere Tage an der Wand, bis jemand bemerkte, dass es gar nicht dort hingehörte. Der Betonklumpen zeigte in einer steinzeitlichen Höhlenmalereien nachempfundenen Bekritzelung einen Jäger neben einem erlegten Büffel - und einem Supermarkt-Einkaufswagen. Hätte früher auffallen können. Aber dem British Museum fiel ja auch jüngst erst nach mehreren Jahren auf, dass Tausende von Artefakten aus seiner Sammlung geklaut worden waren. Da kann man ein Stück zu viel auch leicht mal übersehen.

Dasselbe ist gerade in der Bonner Bundeskunsthalle passiert: Beim Abbau der soeben zu Ende gegangenen Schau "Wer wir sind" stellten die Kuratoren fest, dass ein Bild, das am Rande des Ausstellungsbereichs hing, gar nicht dort hingehörte: Eine offenbar unbekleidete, dunkelhaarige Frau vor lindgrünem Hintergrund, die sich dem Betrachter zuwendet. Es war mit Doppelklebeband an der Wand befestigt. Nach einem Aufruf des Museums an den Maler, sich doch bitte zu melden, gestand die Kölner Künstlerin Danai Emmanouilidis per Instagram, das Bild stamme von ihr und sie habe es auch in die Ausstellung geschmuggelt.

Sie habe das schon immer mal tun wollen, so Emmanouilidis im Gespräch mit dem WDR. Das Thema der Schau, Migration, spiele zudem auch in ihrer Kunst eine große Rolle. Die Aktion selbst, bereits Anfang September in die Tat umgesetzt, sei dann relativ einfach gewesen, und zwar in einem "Riesenhoodie über meiner Leggins".

Nun würde man das Werk qualitativ zwar eher in den Bereich der Naiven Kunst einordnen. Doch - im Gegensatz zum British Museum mit seinen sechs Millionen Stücken - hat die Bundeskunsthalle keine eigene Sammlung, und Frau Emmanouilidis hat dem Haus das Damenporträt ja nun ohnehin geschenkt. Es könnte also zum Grundstock einer neuen Sammlung werden, die ausschließlich aus Kunstwerken besteht, welche in Museen geschmuggelt wurden. Banksy liefert sicher gerne.

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