Süddeutsche Zeitung

"Fat Bear Week" in Alaska:Sieg für das gefräßige Mädchen

Lesezeit: 2 min

Braunbärin Grazer gewinnt einen sehr speziellen Schönheitswettbewerb in Alaska. Ihr Erfolgsgeheimnis: dass sie Single ist.

Von Violetta Simon

Der Bär ist ein bemerkenswertes Geschöpf. Schläft den Winter durch und zehrt ausschließlich von dem, was er sich die Monate zuvor einverleibt hat. Zwischen Frühjahr und Herbst hat er deshalb nur eine einzige Aufgabe: in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Fett auf die Rippen zu kriegen.

Das gilt besonders für die Braunbären im Katmai-Nationalpark in Alaska, die sich derzeit nicht nur auf den Winterschlaf vorbereiten. Sondern sich damit auch für einen ungewöhnlichen Schönheitswettbewerb qualifizieren: die "Fat Bear Week", bei der nun in diesem Jahr zum zehnten Mal der fetteste Bär gekürt worden ist. Hinter der witzigen Idee steht ein ernster Anlass: Die Auszeichnung soll darauf aufmerksam machen, wie bedeutend ein gesundes Ökosystem für den Fortbestand der Tiere ist.

Gefräßiges Mädchen gegen Kerl mit Wampe

Der erste Platz ging diesmal an eine Bärendame namens Grazer, die den Favoriten Chunk ("Klotz") auf den zweiten Platz verwies. Das "gefräßige Mädchen" habe den "Kerl mit der Wampe" ausgestochen, schrieb die Parkverwaltung auf Instagram. "Chunks Bauch hängt tiefer als seine Knie", kommentierte ein Nutzer. Als Wettbewerbsvorteil gilt die Tatsache, dass die Bärin in diesem Jahr Single geblieben war und keine Jungen zu versorgen hatte. "Grazer konnte sich vollkommen auf ihre erste Aufgabe konzentrieren, nämlich fett zu werden, und das hat sie großartig gemacht", wird die Rangerin Naomi Boak von Medien zitiert.

So kickte sie sämtliche Konkurrenten raus, vom Vorjahressieger "Jumbo Jet" über Jungbär "Pummeliger Prinz" bis zum alten Otis und der drallen Holly.

Gemeinsam haben sie aber alle eines: Im Gegensatz zu Heidi Klums Meeedchen treten hier ausschließlich Schwergewichte gegeneinander an, deren Kernkompetenz darin besteht, sich den prächtigsten Ranzen anzufuttern. Ein Talent, das nicht hoch genug eingeschätzt werden kann bei der optimalen Vorbereitung auf den Winterschlaf. Fürs Dickwerden reicht es schließlich nicht, verfressen zu sein. Es braucht Geschicklichkeit, Durchhaltevermögen und einen ausgeprägten Jagdinstinkt, um die eigene Körperfülle zu eskalieren, bis der Pelz spannt.

Immerhin verlieren die Bären in den Wintermonaten bis zu ein Drittel ihres Körpergewichts. So gesehen ist der Winterspeck wie ein energetisches Sparkonto, auf das sein pelziger Besitzer regelmäßig zentnerweise einzahlt, um sich im Winter auf die faule Haut legen zu können.

Wie gut sich die zwölf Kandidaten anstellten, konnten Bären-Fans per Webcams beobachten, die die Organisatoren am Brooks River positioniert hatten. Manche schoben sich täglich bis zu 40 Lachse rein - pro Stück 4000 Kalorien. Entsprechend eindrucksvoll belegen die Vorher-nachher-Fotos die Entwicklung vom Klappergestell zum Koloss.

Die Begeisterung kannte keine Grenzen: "Ich liebe dich, Grazer, und alle Bären, die nicht fett genug waren, um zu gewinnen", schrieb ein Fan auf der Park-Webseite. So viel Anerkennung für eine Bikinifigur mit Hüftpolster, Fettwülsten und Bauchspeck. Bär müsste man sein.

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