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Badeunfälle in Russland:Trinken bis zum Untergang

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Schönes Sommerwetter ist für viele Russen ein Anlass für Trinkgelage und wilde Partys an Badestränden - oft mit tragischem Ausgang. In Moskau ertranken jüngst an einem einzigen Abend acht Menschen.

Sie lassen sich bei Temperaturen um die 35 Grad mit Wodka und Bier volllaufen und suchen dann in Moskaus Badeseen oder in der Moskwa Abkühlung. Doch viele Russen überleben die heißen Strand- und Badepartys nicht, die oft die ganze Nacht dauern. Seit Beginn der Badesaison am 1. Juni sind allein in der russischen Hauptstadt 82 Menschen ertrunken, davon allein acht in der Nacht zum Dienstag.

Rund 6500 Menschen starben im vergangenen Jahr in russischen Gewässern - das waren mehr als 13 Mal so viele wie in Deutschland. Die russischen Behörden sehen den Anstieg der Zahlen mit Sorge - schon jetzt gebe es dreimal so viele Ertrunkene wie im Vergleichszeitraum 2009. "Teufel Alkohol" sei die Ursache für drei Viertel aller tödlichen Badeunfälle.

90 Prozent der Opfer seien Männer. "In Moskau ertrinkt man wegen Trunkenheit, Dummheit und aus Stolz", schreibt das russische Boulevard-Blatt Moskowski Komsomolez.

Die Medien sind in diesem Sommer voll mit Horrorgeschichten über das gefährliche Alkohol-Trinken beim Baden. Als in einem Kinderferienlager am Asowschen Meer Anfang Juli sechs Kinder im Alter zwischen 8 und 16 Jahren ertranken, zürnte sogar Präsident Dmitrij Medwedjew über die "Verantwortungslosigkeit" seiner Landsleute. Die Betreuer hatten wohl wegen eines Trinkgelages beim Picknick ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt. "Das riecht nach einem Verbrechen", schimpfte Medwedjew.

Betrunken auf's Wassermotorrad

In der Millionenmetropole Moskau starben seit Anfang Juni mehr Menschen durch Ertrinken als etwa im Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo deutlich mehr Menschen leben - und 2009 insgesamt etwa 60 Menschen durch Ertrinken starben. Nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs- Gesellschaft wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 474 Menschen bei Badeunfällen getötet - die Zahl ist in jedem Jahr etwa gleich.

Das Problem neben dem Alkohol: Oft sind selbst an bewachten Stränden kaum ausgebildete Rettungskräfte im Einsatz. Moskaus Retter beklagen zudem, dass viele Badegäste sturzbetrunken auf Wassermotorräder oder andere Fahrzeuge steigen und Unfälle bauen. In den meisten Fällen fehle dafür der Führerschein. Nicht selten hätten Akrobatik und gefährliche Mutproben ein tödliches Ende.

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Ulf Mauder, dpa/kat
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