Süddeutsche Zeitung

Ausgestorbene Tiere:Ruhe in Frieden, Quagga

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In Paris diskutierten Experten vor allem eine Frage: Wie lässt sich das Artensterben verlangsamen? Für einige Tierarten kommt aber jede Hilfe zu spät.

Von Katrin Blawat

An diesem Samstag endete in Paris die Weltkonferenz zur Artenvielfalt mit einem Erfolg. Vertreter aus 132 Staaten haben seit Montag darüber diskutiert, ob und wie sich das Artensterben verlangsamen lässt. Der Rückgang der Biodiversität sei eine "globale und generationenübergreifende Bedrohung für das Wohlergehen der Menschheit", hieß es. Das klingt erschreckend, aber auch ein bisschen abstrakt. Viele Spezies haben bereits ganz konkret erfahren müssen, was es mit der schwindenden Biodiversität auf sich hat. Wir präsentieren fünf Beispiele, für die es bereits zu spät ist - und zu deren Aussterben der Mensch in vielen Fällen beigetragen hat.

Beutelwolf

Dem Beutelwolf dürfte vor allem ein Missverständnis zum Verhängnis geworden sein. Tasmanische Schafbauern sahen in ihm eine Gefahr für ihre Herden. Sie bejagten ihn intensiv und erhielten dafür sogar Prämien von der Regierung. Allerdings haben Rekonstruktionen ergeben, dass der Beutelwolf wohl gar nicht stark genug gewesen war, um Schafe zu töten. Doch schon Anfang des 20. Jahrhunderts galt er als selten. Außer der Jagd durch Menschen setzte vielen Beutelwölfen eine Viruserkrankung zu. Vermutlich litten sie auch infolge der Abholzung von Wäldern. 1936 starb der letzte seiner Art in einem australischen Zoo. Das Tier namens Benjamin war zeitlebens für ein Männchen gehalten worden. Dabei handelte es sich um ein weiteres Missverständnis, wie sich posthum herausstellte: Benjamin war ein Weibchen.

Goldkröte

Für die Goldkröte kam das Ende innerhalb auffallend kurzer Zeit. 1987 galt sie in ihrer Heimat Costa Rica noch als ziemlich häufig. Allerdings bewohnte sie schon immer ein recht kleines Gebiet, was Arten generell anfällig macht. Bereits 1988 wurden nur noch acht Männchen und zwei Weibchen gefunden, ein Jahr später nur noch ein einziges Männchen. Danach hat kein Mensch mehr je eine lebende Goldkröte gesehen. Seit 2004 gilt sie als offiziell ausgestorben. Wie es so weit kommen konnte, lässt sich nur vermuten. Wahrscheinlich setzten der Goldkröte, wie vielen Amphibien, eine Pilzinfektion zu, außerdem Umweltverschmutzung und in Teilen eine Zerstörung ihres eng begrenzten Lebensraums. Auch vermehrte Trockenzeiten könnten eine Rolle gespielt haben, durch die womöglich öfter das Gelege der Kröte vertrocknet ist.

Quagga

Das Quagga schmeckte zu gut. Die Unterart eines Steppenzebras lebte einst im südlichen Afrika. Doch wurde sie wegen ihres Fleisches intensiv gejagt. Auch die Häute wurden verarbeitet, etwa zu Schuhen. 1877 galten Quaggas als in der Wildnis ausgestorben. Ein letztes Exemplar lebte jedoch noch bis 1883 im Amsterdamer Zoo. Mit seinem Tod verschwand das Quagga von der Erde. Heute könnte man in einigen Nationalparks Afrikas allerdings meinen, es sei zurückgekehrt. Zumindest leben dort Tiere, die den Quaggas sehr ähnlich sehen. Sie sind das Ergebnis eines Rückzüchtungsprojekts, wie es sie für einige ausgestorbene Spezies gibt. Doch die äußere Ähnlichkeit ändert nichts daran, dass es sich bei diesen neu gezüchteten Tieren nicht wirklich um Quaggas handelt. Wer ausgestorben ist, der bleibt verschwunden.

Bramble-Cay- Mosaikschwanzratte

Ihr Ende hatte sich seit Langem abgezeichnet. Die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte lebte auf einer unbewohnten australischen Insel, doch schon in den 90er-Jahren fiel der Nager in die höchste Gefährdungskategorie der Weltnaturschutzunion IUCN. 2009 wurde das letzte Exemplar gesichtet. Spätere Suchen bis ins Jahr 2014 verliefen erfolglos, sodass es seit 2016 offiziell heißt: ausgestorben. Dabei nimmt der Nager eine Sonderstellung unter den verschwundenen Arten ein. Er gilt als erste Spezies, die wohl vor allem dem Klimawandel zum Opfer gefallen ist. Ihr einstiger Lebensraum ragt selbst an der höchsten Stelle nur drei Meter aus dem Ozean heraus. Wegen des steigenden Meeresspiegels wurde die Insel immer öfter überschwemmt. Vermutlich bedeutete dies das Todesurteil für die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte.

Chinesischer Flussdelfin

Offiziell besiegelt ist sein Schicksal noch nicht. Das liegt an den Regularien der Weltnaturschutzbehörde IUCN, die ein Sicherheitszeitfenster einplant, ehe sie einer Art den Stempel "ausgestorben" verpasst. Dass es dazu bald kommen wird, gilt im Fall des Flussdelfins als sehr wahrscheinlich. Als Fachleute in den Jahren 2006 und 2007 gründlich nach ihm suchten, fanden sie ihn jedenfalls nicht. Schon 1997 wurden nur noch 13 Tiere gezählt. Der Baiji, wie der Chinesische Flussdelfin auch heißt, jagte in dem Fluss Jangtse dicht unter der Wasseroberfläche nach Fischen. Doch dieser Strom ist hoffnungslos verdreckt, was weder dem Baiji noch seinen Beutefischen gut bekam. Viele Flussdelfine verendeten zudem, wenn sie mit Schiffen auf dem Jangtse kollidierten, oder sie verhedderten sich in ausgelegten Fischernetzen.

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Quelle:
SZ vom 04.05.2019
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