Süddeutsche Zeitung

Missbrauchsvorwürfe:Prinz Andrew will kämpfen

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Der Sohn der Queen will sich nun doch den Geschworenen stellen. Seine Anwälte werfen der Klägerin Fehlverhalten vor, das könnte in einem Prozess aber zum Problem für den Prinzen werden.

Von Alexander Mühlauer, London

Das Chalet, das Prinz Andrew in den Schweizer Alpen besitzt, hat sieben Schlafzimmer, einen Pool und soll 17 Millionen Pfund wert sein. Wie die in royalen Angelegenheiten für gewöhnlich bestens informierten britischen Zeitungen erfahren haben wollen, dürfte der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II. das Haus wohl bald verkaufen. Mit dem Geld, so wird spekuliert, könnte er nicht nur seine horrenden Anwaltskosten begleichen, sondern auch das in Ordnung bringen, was in Palastkreisen "der Fall" genannt wird.

"Der Fall" ist ein Rechtsstreit um Missbrauchsvorwürfe, in dem Andrew nun erklärt hat, dass er sich einem Geschworenenprozess in den USA stellen will. Das geht aus einem zwölfseitigen Dokument hervor, das seine Anwälte vor einem Gericht in New York eingereicht haben. Der Prinz weist darin zwar weiterhin alle Vorwürfe zurück, aber es ist seine erste offizielle Antwort auf die Klage von Virginia Giuffre. Die heute 38-Jährige wirft dem 61 Jahre alten Andrew vor, ihr als 17-Jähriger sexualisierte Gewalt angetan zu haben, vermittelt durch den US-Multimillionär Jeffrey Epstein und dessen Gefährtin Ghislaine Maxwell. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchungshaft das Leben, Maxwell wurde kürzlich zu einer Haftstrafe verurteilt.

Nachdem ein New Yorker Gericht Andrews Antrag auf Abweisung der Klage vor zwei Wochen abgelehnt hatte, legten nun seine Anwälte ein Dokument vor, das sich mit den Vorwürfen Giuffres minutiös auseinandersetzt. Insgesamt elf Gründe haben sie aufgelistet, warum die Zivilklage aus ihrer Sicht keinen Bestand hat. Da heißt es etwa, dass der Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen "ihres eigenen Fehlverhaltens" nicht geltend gemacht werden könne. Was damit genau gemeint ist, ist nicht ganz klar. In britischen Medien wurde jedenfalls über den Verdacht berichtet, dass Giuffre dabei geholfen haben könnte, junge Mädchen für Epstein zu rekrutieren.

In ihrem Dokument bezweifeln Andrews Anwälte außerdem die in ihren Augen nicht genau nachvollziehbare Wohnsitz-Situation von Giuffre, was wiederum die Zuständigkeit des New Yorker Gerichts infrage stellen könnte. Sie hat nach Darstellung von Andrews Anwälten bis auf zwei Jahre in den vergangenen 19 Jahren in Australien gelebt. Es sei "verdächtig", dass sie sich erst vor einiger Zeit in Colorado angemeldet habe.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Königsfamilie ihm erlaubt, das durchzuziehen."

Der Prinz gibt sich also kämpferisch, nur: Das könnte nach hinten losgehen. Sollte es zum Prozess kommen, werde sich Andrew detaillierten Fragen sexueller Natur stellen müssen, warnte Medienanwalt Mark Stephens laut Nachrichtenagentur PA. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Königsfamilie ihm erlaubt, das durchzuziehen, und das Platin-Jubiläum damit überschatten zu lassen", sagte Stephens.

David Boies, der Anwalt von Giuffre, erklärte, dass die Antwort des Prinzen den Versuch fortsetze, jegliches Wissen über die Vorwürfe zu leugnen und "dem Opfer des Missbrauchs die Schuld zu geben". Er freue sich jedenfalls darauf, Prinz Andrew mit seinen Versuchen, Giuffre für ihren eigenen Missbrauch verantwortlich zu machen, im Prozess zu konfrontieren.

Noch ist es allerdings nicht zu spät für eine außergerichtliche Einigung. Giuffre fordert vom Prinzen Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Kommt es zu keiner Übereinkunft, dürfte es wohl im Herbst zu einem Geschworenenprozess kommen, doch das liegt nach Auffassung von Rechtsexperten nicht in Andrews Hand. Es sei, so sagte US-Opferanwältin Lisa Bloom der BBC, Giuffres "verfassungsmäßiges Recht, einen Geschworenenprozess zu haben, wenn sie das verlangt".

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