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Zwischennutzung für Subkultur:Was wird aus München, wenn alle kulturellen Oasen ausgetrocknet sind?

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Was die Wirtschaft betrifft, liegt die Stadt oft weit vorne in den Rankings - doch bei der Kultur schwächelt sie. Das muss sich ändern.

Kommentar von Michael Bremmer

München ist spitze, nur her mit neuen Rankings. Erst vor wenigen Tagen wieder: Die Stadt liegt laut einer Studie der europäischen Kommission im Vergleich mit anderen Metropolen auf dem zweiten Platz aller Standorte für Kreativwirtschaft. Gelobt werden Innovationsstärke und klassisches Musikangebot, auch die Position als führender Verlagsstandort.

In der selben Studie wird der Stadt auch der kulturelle Puls gemessen. Hier ist München weit hinten, sogar hinter Limassol (Zypern) und Tampere (Finnland). Bei der Dichte der Kultureinrichtungen liegt München abgeschlagen hinter dem Spitzenreiter, der irischen Stadt Cork.

Das ist jetzt natürlich ungerecht, weil sich größere Städte hier viel schwerer tun. Erst recht, wenn die Immobilienpreise hoch sind und Platz fehlt - wie eben in München. Deshalb versucht die Stadt, der Subkultur mit Zwischennutzungen Raum zu geben. All diese Einrichtungen sind toll, eine Bereicherung. Nur: Es handelt sich eben um einen kurzen Spaß.

Irgendwann entsteht dort, wo derzeit die Kultur blüht, Wohnraum. Oder ein Gewerbepark. Beides ist wichtig. Raum mal nicht zuzubauen, damit ihn Kreative dauerhaft nutzen und sich etablieren können, wäre aber auch wichtig.

Denn was wird aus München, wenn all diese kulturellen Oasen ausgetrocknet sind? Blicken wir wieder auf die Kreativwirtschaft. Sie wächst. Man wird verstärkt um junge Fachkräfte buhlen, um Computernerds und Design-Freaks. Bislang konnte sich die Stadt auf weiche Standortfaktoren verlassen - die Gemütlichkeit, das Voralpenland, die Orchester-Landschaft.

Uni-Professoren lassen sich damit (vielleicht) locken, die Generation der Millennials schaut auch auf andere Dinge: die Anzahl der Clubs, die popkulturellen Angebote. Um spitze zu bleiben, muss München sich da gehörig anstrengen - in Bereichen, die man lange vernachlässigt hat.

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Quelle:
SZ vom 12.07.2017
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