Süddeutsche Zeitung

Verkehr der Zukunft:Besser ankommen im Mittelzentrum

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Bei ihrer zweiten gemeinsamen Klausur stellen die Stadträte aus Geretsried und Wolfratshausen das Thema Mobilität in den Fokus - und erarbeiten mögliche Verbesserungen für die Zukunft.

Von Konstantin Kaip, Geretsried

Ein gemeinsames Mobilitätskonzept stand ganz oben auf der Wunschliste nach der ersten gemeinsamen Klausur der Stadträte aus Geretsried und Wolfratshausen im vergangenen Oktober. Welche Ziele und Maßnahmen das beinhalten könnte, haben die Vertreter aus Politik und Verwaltung der beiden Nachbarstädte am vergangenen Freitag bei ihrer zweiten Klausur in der Geretsrieder Isardamm-Grundschule eruiert. Vorgeschlagen wurde etwa eine Arbeitsgruppe, die sich mit einem gemeinsamen Stadtbus befasst, ein Radschnellweg zwischen den Kommunen und Shuttlebusse, um den Parksuchverkehr in den Innenstädten zu vermeiden.

Unter der Moderation von Götz Braun und Sabine Hafner von Klimakom, die schon die erste Klausur betreut hatten, befassten sich 20 Stadträte aus Wolfratshausen und 22 aus Geretsried gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtverwaltungen am Freitagnachmittag mit Herausforderungen im Verkehr in und zwischen ihren Kommunen. Nach einem Impulsvortrag des Mobilitätsexperten Tobias Kipp arbeiteten sie zunächst aktuelle Stärken und Schwächen heraus. Die Probleme wurden dann in Gruppen mit verteilten Rollen betrachtet: Die Teilnehmer haben die aktuellen Verkehrsthemen aus den Perspektiven von Kindern und Jugendlichen, Berufspendlern, Eltern, Arbeitgebern sowie Kunden und Gästen betrachtet. Schließlich sollten sie in Arbeitsgruppen mögliche gemeinsame Maßnahmen entwickeln, um die Situation im ÖPNV, Fuß- und Radverkehr, beim Parken und der E-Mobilität, der Verkehrsberuhigung in sensiblen Bereichen, bei der Vernetzung der Verkehrsmittel und mobilen Angebote sowie bei der Siedlungsentwicklung zu verbessern.

Für die ÖPNV-Gruppe stellte die Wolfratshauser Grünen-Stadträtin Annette Heinloth fest, dass der öffentliche Nahverkehr eigentlich Kreissache sei. Eine gemeinsame Gruppe aus beiden Städten könne sich jedoch mit dem Thema befassen, um "Lobbyarbeit zu machen" und ein Konzept für einen gemeinsamen Stadtbus zu entwickeln. Nachdem die Verbindung zwischen den Städten seit der MVV-Tarifreform leicht teurer geworden sei, solle man prüfen, ob ein gemeinsames System nicht Vorteile biete. Der Geretsrieder Stadtrat Heiko Hawla (Freie Wähler) stellte die Ergebnisse in Sachen Rad- und Fußverkehr vor. Radschnellwege seien nicht überall realisierbar, sagte er. Besonders in Wolfratshausen fehle dazu der Platz. Zwischen den Städten ließe sich laut Hawla aber "auf jeden Fall" einer realisieren. Der bestehende Radweg sei für eine attraktive Verbindung, die eine Alternative zum Auto darstellen könnte, "einfach zu schmal". Für die Verkehrssicherheit sei es zudem wichtig, Schulwege durch Markierungen sichtbarer zu machen. "Wenn wir in Geretsried so etwas machen, wäre es schlau, das in Zukunft immer mit Wolfratshausen zusammen zu machen", sagte Hawla. "So sparen wir uns Geld, und es funktioniert besser." Die Teilnehmer stimmten mit Applaus zu.

Moderatorin Hafner erklärte den gemeinsamen Wunsch ihrer Arbeitsgruppe, Parkplätze in den Innenstädten zu verteuern und gleichzeitig Shuttlebusse von Parkhäusern am Rand der Zentren einzurichten. Der Lkw-Verkehr könne durch die sogenannte "Last-Mile-Logistik" mit Elektroautos und Lastenrädern reduziert werden. Weitere Vorschläge waren unter anderem, die in Wolfratshausen geschaffene Stelle eines Mobilitätsmanagers gleich gemeinsam für beide Städte zu besetzen, Bedarfsanalysen in den Stadtteilen, die Auseinandersetzung mit Sammeltaxi-Systemen sowie Formen des Carsharings bei großen Siedlungsprojekten zu etablieren.

Die erarbeiteten Maßnahmen seien zwar "nicht der Weisheit letzter Schluss", erklärte der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) am Ende des Abends. "Wir haben aber eine gute Grundlage gelegt." Nach der Kommunalwahl müssten die neuen Stadträte beider Kommunen daraus ein gemeinsames Mobilitätskonzept entwickeln. Sein Wolfratshauser Amtskollege Klaus Heilinglechner (BVW) dankte allen Teilnehmern für die Bereitschaft, "zehn Wochen vor der Kommunalwahl noch einmal Vollgas zu geben und die Zusammenarbeit der beiden Städte zu untermauern". Müller lobte die "konstruktive Arbeitsatmosphäre" der zweiten Klausur, die "sachorientiert und zielgerichtet" gelaufen sei, wie er sagte. "Heute haben wir wieder gelebtes Mittelzentrum erleben können." Die "Kultur der Zusammenarbeit" habe sich "Unkenrufen zum Trotz" etabliert. Müller richtete einen Appell an die neuen Stadträte nach der Wahl: "Nehmt diesen Geist in die nächste Legislaturperiode auf", sagte er. "Wir werden die großen Herausforderungen der Zukunft nur gemeinsam lösen können."

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SZ vom 27.01.2020
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