Süddeutsche Zeitung

Städtepartnerschaft:Im Zeichen der Jugend

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Die ungewöhnliche Partnerschaft zwischen der polnischen Großstadt Rybnik und der Gemeinde Eurasburg besteht seit 30 Jahren - junge Leute werden in den Beziehungen immer wichtiger

Von Wolfgang Schäl

Die Partnerbeziehung zwischen der polnischen Stadt Rybnik und Eurasburg ist nicht wie jede andere. Die südschlesische Großstadt hat 140 000 Einwohner, Eurasburg nur 4400, woraus Statistiker errechnet haben, dass die Loisachgemeinde 33 Mal kleiner ist. Für die schwierige Verständigung bedarf es eines Dolmetschers oder der Deutschkenntnisse der Rybniker, denn das Polnische ist hierzulande ein Buch mit sieben Siegeln. Und schließlich ist da noch die Geschichte des Nachbarlandes, die mit der deutschen aufs Verhängnisvollste verknüpft ist. Dass sich unter diesen höchst schwierigen Voraussetzungen eine enge Freundschaft entwickeln konnte, die seit nunmehr drei Jahrzehnten besteht, grenzt an ein Wunder und ist ein veritabler Grund zum Feiern. Eben dies hat eine große Delegation aus Rybnik am vergangenen Samstag gemeinsam mit den Eurasburgern in der festlich geschmückten und bis auf den letzten Platz besetzten Sporthalle getan: Es war eine Jubiläumsfeier mit angenehm wenig Pathos, kurz gehaltenen Ansprachen, dafür aber mit sehr viel Musik und Tanz und jungen Leuten. Genau das aber ist es, was die Partnerbeziehung, die Mitte der 80-er Jahre aus einer Hilfsaktion heraus entstanden ist, immer stärker bestimmt: der Jugendaustausch. In diesem Sinne interpretierte denn auch der Vertreter des polnische Generalkonsulats in München, Konsul Aleksander Korybut Woroniecki, das Jubiläum: Die Freundschaft zwischen Eurasburg und Rybnik sei schon zu einer Zeit entstanden, als es noch gar kein polnisches Konsulat in Bayern gab. So gesehen sei diese Beziehung "einmalig und eine absolute Ausnahme", und insbesondere die Jugendarbeit wisse man in Polen hoch zu schätzen. Daran soll sich nach den Worten des Konsuls auch in Zukunft nichts ändern, die Botschaft und die Ministerien seines Landes seien gern und jederzeit bereit, sich für weitere Projekte zur Verfügung zu stellen.

"Wer hätte sich vor 30 Jahren wohl träumen lassen, dass wir heute dieses Fest feiern können?", fragte Rosemarie Tröscher. Sie war Initiatorin und treibende Kraft des Hilfskreises, deren Mitglieder ab 1984 ganze Lastwagenladungen voller Hilfsgüter und Medikamente in die damals mit größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfende Stadt transportierten. Dies haben die Rybniker nicht vergessen - "es war die Geburtsstunde unserer Freundschaft", aus der sogar schon zwei Ehen hervorgegangen seien, freute sich Tröscher im Rückblick. "Eine tiefe Herzensangelegenheit" sei die Partnerschaft auch dem jetzigen Bürgermeister Michael Bromberger.

Die Bedeutung des Jugendaustauschs unterstrich Roman Widerski, der Vorsitzende des Vereins Rybnik Europa. Nachdem zunächst polnische Kinder zu Erholungsaufenthalten nach Eurasburg eingeladen wurden, entwickelten sich nach und nach kulturelle Veranstaltungen. Dies habe den Aufbau enger Kontakte zwischen den jungen Leuten ungemein gefördert.

Die polnische Jugend war denn auch bei der Jubiläumsfeier beeindruckend präsent: mit der bunt kostümierten Tanz- und Gesangsgruppe Krakowiak, polnischsprachigen Kindern, die herzerfrischend für Stimmung sorgten, sowie mit Absolventen der Musikschule Rybnik, die bestechend virtuos auftraten und am Ende mit Applaus im Stehen gefeiert wurden. Viel herzlichen Applaus ernteten auch die beiden Eurasburger Harfenistinnen Andrea Wohlfarter und Angelika Huber.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2013
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