Süddeutsche Zeitung

Prozess:Bad Tölz darf von Grundeigentümerin kein Hotel verlangen

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Das Verwaltungsgericht München gibt der Besitzerin des früheren "Bruckfeld"-Areals Recht. Das könnte folgen für die Stadtplanung haben.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Stadt Bad Tölz hat vor dem Verwaltungsgericht München eine herbe Niederlage erlitten: Der Bebauungsplan "Sondergebiet Hotel am Kurpark" ist unwirksam. Damit gaben die Richter endgültig der Klage einer Münchner Grundeigentümerin statt. Sie wehrt sich gegen den von der Stadt geforderten Bau eines Hotels auf dem 1,3 Hektar großen Areal an der Ludwigstraße. Das Gericht kommt, wie schon in der mündlichen Verhandlung vor einem Jahr, zu dem Schluss, dass der städtische Bebauungsplan "an einem beachtlichen Abwägungsmangel" leide. Das Eigentumsrecht der Besitzer sei nicht sorgfältig genug ermittelt und "nicht zutreffend bewertet" worden, heißt es im Urteil.

Auf der Wiese nahe dem Kurpark verfällt schon seit Jahren das frühere Hotel Bruckfeld. Die Klägerin möchte auf dem Gelände drei Häuser mit insgesamt 48 Wohnungen errichten, was Stadtverwaltung und Stadtrat jedoch immer wieder ablehnten. Sie fordern eine touristische Nutzung im Form eines neuen Hotels oder einer Einrichtung, die der Gesundheit dient. Bereits 2012 wurde deshalb eine Veränderungssperre für das Areal verhängt. Der neue Bebauungsplan "Hotel am Kurpark" hat das Ziel, dem "dringenden Bedarf an Investitionen zur Umsetzung touristischer, bzw. gesundheitlicher Projekte im Rahmen der Wiedernutzbarmachung und Entwicklung von Brachflächen bzw. Grundstücken der Innenlage" Rechnung zu tragen, wie es im Beamtendeutsch heißt.

Außerdem verwies die Stadt vor Gericht darauf, dass der Plan fürs Haus Bruckfeld in mehrere Bauleitplanverfahren mit dem gleichen Ziel eingebettet sei. Anders ausgedrückt: Ein Hotel soll auch auf dem Gelände des ehemalige Spaßbads "Alpamare" entstehen - was die Jodquellen AG als Eigentümerin ebenfalls vehement ablehnt. Weniger problematisch sind zwei andere Hotel-Vorhaben: Der österreichische Investor Arcus baut auf dem städtischen Areal an der Arzbacher Straße ein Haus mit vermutlich rund 300 Betten, der Bauunternehmer Hubert Hörmann plant ein Hotel am Bichler Hof. Beide Projekte sollen mit mehreren Wohnblocks querfinanziert werden.

Im Fall Bruckfeld argumentiert die Klägerin, dass sich ein Hotel wirtschaftlich nicht lohne. Auch wenn eine solche Nutzung - gemessen an der Planungshoheit einer Kommune - nicht grundsätzlich zu beanstanden sei, so habe es die Stadt versäumt, sich mit den Bedenken der Eigentümerin auseinanderzusetzen, rügt das Verwaltungsgericht. Sie habe deren Belange "grundsätzlich verkannt", respektive "überhaupt nicht zur Kenntnis genommen".

Ausdrücklich weisen die Richter darauf hin, dass "allgemeine Behauptungen" nicht ausreichten, wenn sich die Stadt in der Begründung ihres Bebauungsplans zuversichtlich zu den wirtschaftlichen Chancen eines Hotels äußere. Ebenso wenig genügte es den Richtern, dass eine Beratungsfirma aus Innsbruck vor acht Jahren eine Standortprüfung für Hotelprojekte in Tölz vorgenommen hat. Die Studie sei nicht aktuell, überdies habe sie mit dem Sondergebiet Hotel am Kurpark nichts zu tun.

Außerdem sieht das Gericht praktische Probleme, die "sehr restriktive Festsetzung" des Bebauungsplans umzusetzen. Das Areal gehört nicht alleine der Klägerin, sondern auch noch anderen Eigentümern, weshalb ein gemeinsames Hotelprojekt ebenso schwer zu realiseren sei wie mehrere kleinere Hotels durch die jeweiligen Grundeigner. Alternativ wären Arztpraxen oder Gaststätten in dem Sondergebiet überhaupt nicht zulässig, auch wenn die Stadt darin "keine Probleme" sehe.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich ein Biotop quer durch das Areal zieht. Das Gericht sieht das Grundstück der Klägerin auch nicht als eine "Außenbereichsinsel im Innenbereich", wie die Stadt glaubt. Die hatte argumentiert, dass die Hotel-Nutzung des Hauses Bruckfeld schon lange erloschen sei, weshalb die Fläche baurechtlich ein Außenbereich im Innenbereich sei. Die Verwaltungsrichter sehen das Areal hingegen wegen der umliegenden Häuser ganz klar im Innenbereich.

Die Stadt will Rechtsmittel einlegen und vor dem Verwaltungsgerichtshof in Berufung gehen. Das Urteil könnte auch Folgen für den Streit mit der Jodquellen AG um den Bebauungsplan "Sondergebiet Bäderviertel" haben. Ob und inwiefern damit eine Art Präzedenzfall geschaffen wurde, ist jedoch ungewiss. Die Jod AG will auf dem Alpamare-Gelände mehrere Wohnblocks bauen und sieht dort ebenfalls keine Chance, ein Hotel wirtschaftlich zu führen.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2017
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