Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Kaum Raum für die Windkraft

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Der Planungsausschuss Region Oberland muss mögliche Standorte für Anlagen ausweisen. Doch die Suche ist schwierig. Denn geeignete Flächen sind in den vier Mitglieds-Landkreisen rar gesät.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Lediglich auf knapp neun Prozent der Fläche der Planungsregion 17 sind Windkraftanlagen überhaupt vorstellbar, weil keine gesetzlichen Vorgaben dagegenstehen und dort ausreichend Wind weht. Für das Ziel der vier Landkreise umfassenden Region Oberland, bis 2027 zunächst 1,1 Prozent der Fläche als Vorranggebiete für Windräder auszuweisen, mag das auf den ersten Blick reichen. Doch nach der Prüfung zusätzlicher Belange wie Natur- und Artenschutz werden sich weitere Gebiete als ungeeignet erweisen. Das Thema Windräder ist in der Region 17 also nicht leicht zu lösen. Im Planungsausschuss lag nun dennoch eine erste Karte mit Suchkreisen vor.

Die Vorgabe von Bund und Freistaat ist deutlich: Spätestens bis 2032 müssen 1,8 Prozent der Fläche (7210 Hektar) in der Planungsregion, zu der die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Weilheim-Schongau gehören, für den Bau von Windkraftanlagen ausgewiesen sein. Bis 2027 müssen schon 1,1 Prozent erreicht sein. Vorranggebiete für Windräder sind momentan nur 0,24 Prozent (960 Hektar) der Regionsfläche. Trotz Verfahrenserleichterungen, der Aufweichung der 10-H-Regel und besserer Technik bei den Windrädern ist die Suche nach geeigneten Flächen ein Kraftakt. "Wir haben einfach nicht so viele Gebiete, wo Windkraftanlagen gehen", sagte der Tölzer Landrat und Planungsverbandsvorsitzende Josef Niedermaier im Gremium.

Eine Standortsuche lohnt sich nur in wenigen Gebieten

Tatsächlich sind es nur wenige Gebiete, in denen sich eine Suche nach geeigneten Standorten überhaupt lohnt. Regionsbeauftragte Cornelia Drexl präsentierte entsprechende Karten. Auch wenn der Bau neuer Windräder erleichtert wurde, gibt es in den vier Landkreisen nach wie vor eine hohe Anzahl von Flächen, die ausgeschlossen werden müssen: Entweder es stehen gesetzliche Vorgaben oder andere gewichtige Belange wie etwa FFH-Gebiete entgegen.

Um dennoch auf eine nennenswerte Anzahl zu kommen, bleibt den Entscheidungsträgern nichts anderes übrig, als Flächen zu untersuchen, "in denen die Windkraft zu größeren Konflikten führen kann", sagte Drexl. Allerdings ergibt ein Standort nur Sinn, wenn dort auch ordentlich Wind weht. "Unter 4,8 Meter pro Sekunde in 160 Metern Höhe sind Anlagen wirtschaftlich nicht zu betreiben", betonte sie. Lege man all diese Voraussetzungen zugrunde, blieben eben nur knapp neun Prozent der Fläche übrig, die sich für eine weitere Untersuchung lohnten, so die Regionsbeauftragte.

Unglücklich fanden einige Bürgermeister, dass sie die Karte mit den Untersuchungsflächen nicht vor der Sitzung am Mittwoch zugeschickt bekommen hatten. Der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner etwa nahm sein Handy, um das auf die Leinwand geworfene Bild abzufotografieren und am Smartphone-Bildschirm zu vergrößern. Auch wenn auf der Karte nicht viele Details zu erkennen sind, zeigt sie doch die Suchgebiete. "Es wäre gut gewesen, die Pläne wenigstens einen Tag vor der Sitzung zu haben", monierte Mehner. Nicht erfreut war Böbings Bürgermeister Peter Erhard beim Blick auf die von Drexl an die Wand projizierte Zeitschiene des Verfahrens. Er forderte, dass die Kommunen frühzeitig in alle weiteren Planungen eingebunden werden sollten und nicht erst am Schluss. "Ich möchte mit Ihnen aber ungern über Flächen sprechen, die später doch wieder rausfallen", antwortete Drexl.

Um Wieskirche oder Schloss Linderhof werden Pufferzonen gefordert

Im Suchverfahren werden weitere Flächen noch herausfallen, weil etwa die Prüfung von Naturschutzbelangen bislang fehlt. Das Landesamt für Denkmalpflege wünscht sich Pufferzonen rund um die Unesco-Weltkulturerbestätte Wieskirche oder das Schloss Linderhof. Auch der Deutsche Wetterdienst hat ein Wörtchen mitzureden: Er fordert eine Pufferzone rund um die Wetterstation auf dem Hohen Peißenberg.

Für alle bayerischen Regionen die gleiche Quote? "Ein Schildbürgerstreich!"

Wenn Windräder dort gebaut werden sollen, wo die Bedingungen nicht passen, kommt es für Mehner "einem Schildbürgerstreich gleich, dass in Bayern alle Regionen die gleiche Quote erfüllen müssen". Er schlug vor, noch einmal mit dem zuständigen Ministerium Gespräche aufzunehmen. "Wir müssen alle liefern", erklärte Niedermaier. Gelassen nahm das Leonhard Wöhr, Bürgermeister in Weyarn. Am Ende würden "mit Glück einige Flächen übrig bleiben. Und man muss kein großer Prophet sein, um zu wissen, dass nur auf einem Bruchteil davon Windkraftanlagen entstehen werden. Aber wir haben unsere Pflicht erfüllt."

Mit dieser Einschätzung könnte Wöhr richtig liegen: Zwar gibt es in der Planungsregion 17 bereits Vorrangflächen, doch nur in Otterfing werden Windräder geplant. Trotz der Unwägbarkeiten soll die Suche nach Standorten fortgeführt werden, so der einstimmige Beschluss. Die Kommunen werden über das Verfahren auf dem Laufenden gehalten.

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