Süddeutsche Zeitung

2023 in Penzberg:Bejubelte Arschbombe

Lesezeit: 3 min

Es war ein turbulentes Jahr in der Stadt. Haushaltssperre, Schwimmbad-Einweihung, gigantische Busbahnhofspläne und die Landesgartenschau 2028 sorgten - nicht allein - für allerhand Gesprächsstoff.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Wer kennt das nicht? Von guten Vorsätzen geleitet, möchte man das ein oder andere Vorhaben auf den Weg bringen. Doch was nutzen sie, wenn es wieder mal an einem scheitert: dem lieben Geld. Schon recht zeitig im Jahr wurde klar, dass die Stadt Penzberg den Gürtel wird enger schnallen müssen. Die Rücklagen sind dahingeschmolzen wie Schnee im Sonnenschein. Einnahmen spülte es nicht wie erwartet in die Kasse. Die Folge: eine Haushaltssperre im Sommer. Trotz dieser dunklen Wolken am Himmel war allerhand los in Penzberg. Eine Auswahl.

Ein "Realisierungswettbewerb für Städtebau, Freianlagen und Architektur" sollte sich mit der künftigen Gestaltung des Areals um den Penzberger Bahnhof befassen. Dazu zählte auch der "Park & Ride"-Platz, auf dem ein großflächiger Einzelhandel und ein Parkhaus entstehen sollen. Teil des Wettbewerbs wäre auch ein Busbahnhof gewesen. An diesem Projekt schieden sich die Geister. Als der Stadtrat eine Fläche zwischen Bahngleis und ehemaligem Postamt an der Philippstraße als neuen Standort festlegte, wurde Kritik laut - unter anderem, weil das Wohnhaus Philippstraße 30 für dieses Vorhaben hätte abgerissen werden müssen. Doch kam es anders als gedacht. Der Stadtrat stoppte den Architekten-Wettbewerb für das Bahnhofsumfeld überraschend. Die Überlegungen für einen neuen Busbahnhof waren vom Tisch. Begründet wurde der Stopp damit, dass für eine Umsetzung das Geld fehlt. Die Kosten für den Wettbewerb selbst, hieß es, wären zwar im Haushalt 2023 eingeplant. Die Befürchtung war, dass für die Umsetzung des Gewinner-Vorschlags am Ende das Geld fehlen würde. Das war im Mai.

Überhaupt herrschte einige Verwirrung, sollten doch gleich drei Wettbewerbe in der Stadt laufen. Einer war gedacht, sich mit der Entwicklung der Innenstadt entlang der Bahnhofstraße zu beschäftigen. Auslöser dafür war unter anderem ein Grundstücksverkauf: Im Jahr 2022 hatte das Unternehmen Bayernwohnen Baustil GmbH aus Stephanskirchen die Grundstücke an der Bahnhofstraße 21, 23, 24 und an der Friedrich-Ebert-Straße 4 erworben. Seither wird spekuliert, was mit den Gebäuden, insbesondere mit dem historischen Menagehaus, passiert und was der Eigentümer dort plant. Unterschriften wurden für den Erhalt des geschichtsträchtigen Hauses gesammelt. Seitdem ist es ruhig geworden. Bayernwohnen teilte lediglich mit, dass man bei einem Münchner Architekturbüro eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben habe.

Streit um Mordopfer-Bäume

Ebenfalls eine Unterschriftensammlung gab es für den Erhalt der Winterlinden an der Hauptkreuzung Bahnhofstraße/Karlstraße. Drei Bäume möchte die Stadt fällen lassen, weil sie nicht mehr standsicher sein sollen. Kaum wurden die Pläne bekannt, schon regte sich der Protest des Penzberger Denkmalvereins. Es kam zum Disput zwischen Rathaus und geschichtskundigen Penzbergern, ob an diesen Linden einige der Opfer der Penzberger Mordnacht erhängt wurden oder nicht. Über das Alter der Bäume herrscht Uneinigkeit. Noch stehen die Linden, Ausgang ungewiss.

Im Sommer war es soweit: Das neue Nahversorgungszentrum namens "PenZ" auf dem ehemaligen Gelände des Edeka-Zentrallagers wurde eröffnet. Investor und Projektentwickler Herbert Küblböck hatte noch eine Überraschung parat: War zunächst im Gespräch, dass als drittes im Bunde die Fressnapf-Filiale auf das Areal ziehen soll, wurde es stattdessen der von einigen Bürgern heiß ersehnte "dm"-Markt. Er sollte ursprünglich zwischen Aldi und Bahngleis realisiert werden.

Und noch ein Großprojekt konnte endlich im Herbst feierlich eröffnet werden: das neue Familienbad "Piorama". Das kann sich sehen lassen mit seinem Kinderbereich, dem Sprudelbecken und dem Sportbecken. Highlight ist die 110 Meter lange Wasserrutsche. Bei der offiziellen Einweihungsfeier machte es Bürgermeister Stefan Korpan seinem Vorvorvorgänger nach: 1976 sprang der ehemalige Bürgermeister Kurt Wessner im Anzug ins Wasser. Korpan tat es ihm gleich - auf Wunsch des Publikums mit einer "Arschbombe".

Konzept für Landesgartenschau

Ein Projekt, das nachhaltig Penzberg prägen wird, warf 2023 seine ersten Schatten voraus. Im Jahr 2028 wird die Stadt Bühne für die Landesgartenschau. Planer wurden eingeladen, sich ein Konzept für die Gestaltung jenes Bereichs zu überlegen, der dauerhaft als Grün im urbanen Raum erhalten bleiben soll. Der Entwurf des Berliner Landschaftsarchitekturbüros "Grieger Harzer Dvorak" machte das Rennen. Unter dem Motto "Natürlich schön" wollen die Experten ein grünes Band durch die Innenstadt ziehen mit Rad- und Fußwegen, Spielplätzen, einem Aussichtsturm und erlebbaren Bächen. Kosten: zehn Millionen Euro. Es gibt allerdings auch eine 80-Prozent-Förderung. Im Januar 2024 muss der Stadtrat noch die Gründung der Landesgartenschau Penzberg 2028 GmbH beschließen.

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