Süddeutsche Zeitung

Leserbriefe:Verantwortung für Musiker und Zuhörer

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Verantwortung für Musiker und Zuhörer

Zu "Die Hölle als Ponyhof" vom 27. März:

Durchaus ist es unüblich, dass ein Dirigent eines Konzertes sich zu einer Kritik in derselben Zeitung äußert - im Falle unseres Konzertes mit Monteverdi, Desprez, Purcell und dem Requiem von Michael Haydn als Hauptwerk möchte ich diese ungeschriebene Regel aber auflösen: Den Text von Hans-Gunther Hoche - zudem mit der hämischen Überschrift "Die Hölle als Ponyhof" seitens der Redaktion - kann ich so nicht unkommentiert lassen.

Wie kann der Autor am Ende seines Textes schreiben: "Doch die in dem Werk angelegte emotionale Stimmung wollte sich an dem Abend nur bedingt entwickeln" und "Das Konzert wurde mit freundlichem Applaus belohnt". Der Schlussapplaus dauerte gut sechs Minuten, begleitet von etlichen Bravorufen. Natürlich hat Herr Hoche eher das erheblich bekanntere Requiem von Mozart im Ohr. Der Text ist natürlich derselbe, allerdings hat Michael Haydn den Chor mit anderen, tiefer und somit nicht so expressiven Melodieführungen in Töne gesetzt. Zitat Hoche: "Das von den Solisten gesungene ,Libera eas de ore leonis' (Errette sie aus dem Rachen des Löwen) ergänzten Bässe und Tenöre mit ,ne absorbeat eas Tartarus' (Dass die Hölle sie nicht verschlinge) so zögerlich und belanglos, als wäre die Hölle ein Ponyhof." (Böse formuliert!)

Mozart (und natürlich auch Süßmaier), der als 15-Jähriger (zusammen mit seinem Vater) bei der Uraufführung mitwirkte, wurde außerordentlich von Michael Haydns Requiem inspiriert und hat Etliches in höhere und auch dramatischere Lagen gesetzt - mit zum Teil ganz anderem, seinem (!) Charakter.

Ja, die Wahl der Stadthalle war für dieses, eigentlich für die Kirche ausgewählte Programm mit großem Chor durchaus eine Notlösung - allerdings war das kein "Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Gehen", wie etwa die Vorsitzende der Penzberger Kirchenverwaltung, Margareta Drexel, in der SZ vom Samstag zu dieser Problematik zitiert wurde. Wir haben die Verantwortung für Musiker und Zuhörer, beim Weihnachtsoratorium im letzten Jahr bekam eine Musikerin eine Lungenentzündung (vier Stunden Generalprobe, 1,5 Stunden Anspielprobe plus 1,45 Stunden Konzert in eiseskalter Kirche), etliche Musiker und Sänger erkälteten sich, Beschwerden aus dem auch über Erkältungen klagenden Publikum... Heizkosten wären auch seitens der Stadt übernommen worden...

Zur von Herrn Hoche ausführlich ausgebreiteten Thematik und Fragestellung, ob wir heutzutage für Konzerte in eiskalten Kirchen zu verweichlicht sind, möchte ich nur anmerken, dass er vermutlich, als er zum Schreiben in das Konzert fuhr, die Heizung im Auto angeschaltet hatte - auch das ging nicht zu Haydns Zeit. Beim Weihnachtskonzert in der eiskalten Kirche in Starnberg wurde durch die für moderne Instrumente nicht tragbare Eiseskälte eine Oboe zerstört.

Günther Pfannkuch, Penzberg

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