Ländliche Konzerte Penzberg:Die Hölle als Ponyhof

Ländliche Konzerte Penzberg: Kirchenkonzert in der Stadthalle: Das Vocalensemble Penzberg und das Sinfonieorchester im Pfaffenwinkel traten am Sonntag in einem ungewohnten Rahmen auf.

Kirchenkonzert in der Stadthalle: Das Vocalensemble Penzberg und das Sinfonieorchester im Pfaffenwinkel traten am Sonntag in einem ungewohnten Rahmen auf.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das Vocalensemble Penzberg kann mit dem Haydn-Requiem in der Penzberger Stadthalle nicht überzeugen.

Von Hans Hoche, Penzberg

Der Verein Ländliche Konzerte Penzberg hat sich also entschieden, nicht in der ungeheizten Penzberger Christkönigkirche - wie schon 79 Male zuvor - zu singen, sondern dieses Kirchenkonzert in die Stadthalle zu verlegen. In der Stadthalle war es am Sonntagabend warm, aber das war auch schon der einzige Vorteil. Die Halle war der falsche Rahmen für das Konzert des Vocalensembles Penzberg und des Sinfonieorchesters im Pfaffenwinkel unter der Leitung von Günther Pfannkuch - zu klein und akustisch zu trocken.

Michael Haydns Requiem wurde im Januar 1771 uraufgeführt, und da stellt sich dann doch die Frage, wie Musiker, Sänger und auch die anwesenden Trauergäste damals die winterliche Kälte in der Salzburger Hofkapelle ausgehalten haben? Kirchenmusik wurde schon praktiziert, ehe Kirchen geheizt wurden, und Gottesdienste gingen mit zwei Stunden sogar länger. Bach hat in der kalten Thomaskirche gewirkt, Mozart in der Kälte von Sankt Peter. Sind wir also empfindlicher - ja verweichlichter geworden? Ein musikalischer Klimawandel?

Das Konzert wartete mit einer Überraschung auf. Monteverdis "Salve Regina" für Tenor und Orgel und "Confitebor tibi Domine" für Sopran, Tenor, zwei Celli und Orgel wurden von Heidi Baumgartner und Nikolaus Pfannkuch überaus wohlklingend von der der Bühne gegenüberliegenden Empore gebracht. Eine gelungene Idee, in der der Chor, der bereits auf der Bühne stand, selbst zum Publikum wurde. Dann aber wurde er gefordert. Josquin Desprez' Werk "Tu Pauperum Refugium" (Du bist die Zuflucht der Armen) beginnt mit seelenberuhigenden Akkorden. Dann geht es in die komplexe Polyfonie über, die der "Michelangelo der Musik", wie er auch genannt wird, vor 500 Jahren so perfektioniert hat. Seine Musik ist reich an Wortspielen und subtilen Textvertonungen. Wenn man die Noten nur betrachtet, steht da eigentlich fast nichts, aber das klingende Ergebnis ist überwältigend.

Das nächste Werk führte an die Themse zu Henry Purcell, dem bedeutendsten englischen Komponisten. Purcell, der mit dem Ehrentitel orpheus britannicus gewürdigt wird, war im 17. Jahrhundert Organist in Westminster Abbey, also der Kirche der Royals. Er vertonte für König Charles II. und dessen Hofstaat unter anderem einige Verse aus Psalm 79. Daraus sang der Chor die Motette "Lord, how long wilt thou be angry" (Wie lange noch, Herr, willst Du auf ewig zürnen). Beide A-cappella-Werke erfordern exakte Intonation, präzise Einsätze und einfühlsame Umsetzung der akkordischen und melodischen Struktur jeder Phrase. Dass hier deutliche Mängel herauszuhören waren, mag auch daran gelegen haben, dass der Chor dafür einfach zu groß war. "Wir sind kein A-cappella-Chor", war dazu der selbstkritische Kommentar einer Chorsängerin.

Ländliche Konzerte Penzberg: Die Solisten: Heidi Baumgartner, Valerie Pfannkuch, Nikolaus Pfannkuch und Manuel Winckhler.

Die Solisten: Heidi Baumgartner, Valerie Pfannkuch, Nikolaus Pfannkuch und Manuel Winckhler.

(Foto: Manfred Neubauer)

So blieb die Hoffnung auf das Hauptwerk des Abends gerichtet. Michael Haydns Requiem in c-Moll. Es wurde als Reaktion auf eine Tragödie komponiert: Der Tod von Haydns Mäzen, dem Fürstbischof von Salzburg, bot den offiziellen Rahmen für einen Ausdruck der Trauer, der ebenso sehr vom Tod der kleinen Tochter des Komponisten inspiriert war. Es ist ein wirklich schönes Stück, gut strukturiert, prägnant und doch dramatisch und reichhaltig und farbenreich besetzt (mit vier Trompeten, drei Posaunen, Fagott, Pauke, Orgel und Streicher). Doch die in dem Werk angelegte emotionale Stimmung wollte sich an dem Abend nur bedingt entwickeln.

Das lag wohl auch an der unvorteilhaften Akustik in der für ein solches Konzert zu kleinen Stadthalle. Tenöre und Bässe im Chor standen zu tief in der Bühne, deren Umrahmung ein Teil des Stimmpotenzials schluckte. Wobei die Männerstimmen an Präsenz und Einsatzfreude auch so hätten zulegen müssen. Beispielsweise im Offertorium. Das von den Solisten gesungene "Libera eas de ore leonis" (Errette sie aus dem Rachen des Löwen), ergänzten Bässe und Tenöre mit "ne absorbeat eas Tartarus" (Dass die Hölle sie nicht verschlinge) so zögerlich und belanglos, als wäre die Hölle ein Ponyhof. Das Solistenteam - Heidi Baumgartner (Sopran), Valerie Pfannkuch (Alt), Nikolaus Pfannkuch (Tenor) und Manuel Winckhler (Bass) - war angenehm aufeinander abgestimmt und gut ausbalanciert. Das Konzert wurde mit freundlichem Applaus belohnt.

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