Süddeutsche Zeitung

Nein zum Stream:Kreisräte lehnen Live-Übertragungen ab

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Ausschussgemeinschaft scheitert mit Antrag für Video-Sitzungen.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

In Pfaffenhofen an der Ilm gehört es inzwischen dazu, die Sitzungen von Stadtrat und Kreistag via Livestream zu übertragen. Soweit ist man im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen noch lange nicht. Ein entsprechender Antrag der Ausschussgemeinschaft 2 (ÖDP, FDP, FUW und Bayernpartei) wurde vom Kreisausschuss mehrheitlich abgelehnt. Landratsamts-Geschäftsführer Wolfgang Krause führte datenschutzrechtliche Gründe ins Feld. Zudem trage man dem "Prinzip der Öffentlichkeit" zur Genüge Rechnung. Bürger könnten die Sitzungen besuchen. Die Protokolle, die den Verlauf der Diskussionen abbildeten, könnten im Internet nachgelesen werden.

FDP-Kreisrat Edmund Häner hatte den Antrag für die Ausschussgemeinschaft eingebracht. Zwölf Monate lang sollte die Livestream-Übertragung getestet werden. Bislang seien die Sitzungen der verschiedenen Kreisgremien "relativ transparent". Man erfülle natürlich die gesetzlichen Vorgaben. Dennoch möchte Häner mehr Bürger als bislang erreichen und warb für mehr Transparenz und Teilhabe bei den Ratssitzungen durch Live-Übertragungen. "Wir sollten jeden politisch Interessierten abholen", sagte er - auch Bürger, deren Mobilität eingeschränkt sei, oder Schüler. Vielen sei es nicht möglich, sich nachmittags von 14 Uhr an ins Landratsamt zu setzen und den Debatten zuzuhören. Laut Antrag sollten die Sitzungen der Kresgremien nicht nur online übertragen, sondern auch archiviert werden. Somit könnten Interessierte jederzeit die Sitzungen anschauen, sagte Häner. Laut Gesetzeslage ist aber eine öffentlich zugängige Mediathek mit archivierten Sitzungen nicht zulässig - selbst wenn die Kreistagsmitglieder einwilligen, per Livestream aufgenommen zu werden, lautet die Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten des Landkreises. Im Übrigen müssten bei einer Videoübertragung alle Räte, alle Verwaltungsmitglieder und alle Bürger, deren Anliegen behandelt werden, ihre Zustimmung geben. Der Zuschauerraum in den Sitzungssälen und die Zuhörer müssten von den Aufzeichnungen vollständig ausgenommen werden.

Obendrein geht es um Kosten. Während im großen Saal des Landratsamts die erforderliche Technik vorhanden sei, müsste diese im kleinen Sitzungssaal nachgerüstet werden, so Krause. Eine Übertragung aus dem großen Saal wird auf etwa 1500 Euro geschätzt, aus dem kleinen auf circa 2000 Euro. Im Jahr 2019 fanden insgesamt 26 Sitzungen in beiden Sälen auf der Flinthöhe statt, was etwa 49 000 Euro gekostet hätte. Circa 55 000 Euro hätten die Übertragungen der 29 Sitzungen im vergangenen Jahr gekostet. "Es ist auch fraglich, ob sich die Kreisräte noch unbefangen äüßern werden, sollten sie gefilmt werden", meinte Krause. Schließlich seien sie keine Berufspolitiker. Hubert Oberhauser (Freie Wähler) berichtete von einem Livestream aus dem Eglinger Gemeinderat zum Thema Mobilfunk. Es habe große Unsicherheit bei dieser Sitzung geherrscht. "Wer Interesse an der Kreispolitik hat, hat die Verpflichtung, sich zu informieren", betonte Oberhauser.

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