Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Dietramszell:Comeback auf kleiner Bühne

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Der frühere SPD-Landratskandidat Fabian von Xylander kehrt in seine Heimatgemeinde Dietramszell zurück. Dort wird er als gemeinsamer Bürgermeister-Kandidat von SPD und Grünen um die Nachfolge von Leni Gröbmaier kämpfen

Von Petra Schneider, Dietramszell

Mit seiner Steckbrief-Aktion ist Grünen-Chef Hubert Prömmer ein überraschender Coup gelungen. Ein Bürgermeisterkandidat aus dem fernen Berlin hat sich gemeldet, der im Landkreis freilich kein Unbekannter ist: Fabian von Xylander will für ein Bündnis aus Grünen, SPD und Parteifreien antreten. Er ist neben Ludwig Gröbmaier (CSU) und Josef Hauser (FW) der dritte Bewerber um die Nachfolge von Leni Gröbmaier (BLD), die nach zwei Amtsperioden aufhört.

Offiziell nominiert werden soll von Xylander kommenden Freitag. Bei der Aufstellungsversammlung für den Gemeinderat der Grünen stellte sich der Sozialdemokrat aber bereits vor. Er war am Donnerstag eigens aus Berlin angereist, wo er seit 2007 lebt und seit zehn Jahren arbeitet - anfangs als wissenschaftlicher Mitarbeiter des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Klaus Barthel, seit zwei Jahren für Michael Schrodi. Kurz vor Weihnachten sei die Stellenanzeige auf Umwegen bei ihm angekommen. "Einen Bürgermeisterkandidaten per Steckbrief zu suchen, ist Steinzeit, bestenfalls Wildwest", sagte von Xylander schmunzelnd. Seine Wirkung habe die Aktion dennoch nicht verfehlt. Er fühle sich in Berlin wohl. Aber die Aussicht, nach Dietramszell und in die Kommunalpolitik zurückzukehren, habe ihn nicht mehr losgelassen, sagte der 59-Jährige, der während seiner Rede immer wieder um Fassung rang und sichtlich bewegt war. "Das wäre eine sehr reizvolle Aufgabe."

Der gebürtige Münchner, der im Dietramszeller Ortsteil Erlach aufgewachsen ist, brach ein Jurastudium ab und widmete sich der Politik: 1983 gründete er den SPD-Ortsverband Dietramszell/Egling und schmiedete im Folgejahr mit Manfred Fleischer ein Bündnis aus Grünen, SPD und Parteifreien - "eines der ersten rot-grünen Bündnisse der Bundesrepublik". 24 Jahre saß von Xylander im Dietramszeller Gemeinderat, von 1990 an war er Mitglied des Kreistags, meist als Fraktionssprecher. 1999 gab er aus Protest gegen den deutschen Militäreinsatz im Kosovo-Krieg unter Kanzler Gerhard Schröder sein Parteibuch zurück. Allerdings nur kurz, denn zweieinhalb Jahre später trat er wieder ein. "Ich leide lieber in der SPD als draußen", erklärte er.

1996, 2002 und 2008 bewarb er sich um den Posten als Landrat und erzielte 2002 mit knapp 22 Prozent einen Achtungserfolg. Seine politischen Ziele skizzierte er am Donnerstag eher allgemein: Das Dorf zu erhalten und gleichzeitig dem "Druck aus München" zu begegnen, Transparenz und eine Politik, "die nicht von verwandtschaftlichen Verhältnissen geleitet wird". An seiner SPD-Mitgliedschaft werde sich nichts ändern, "das bin ich und das bleibe ich". Falls er gewählt werde, werde er wieder nach Dietramszell ziehen. Vermutlich ein Kraftakt, denn von Xylander, der bereits zwei erwachsene Kinder hat, erwartet mit seiner neuen Lebenspartnerin Ende April "einen späten Nachzügler".

Bei den Grünen wurde die Vorstellung des SPD-Kandidaten positiv aufgenommen. Ortsvorsitzender Prömmer äußerte sich überschwänglich: "Einen Besseren hätten wir nicht finden können." Die Bewerbung von Xylanders sei ein "Glücksfall", der Kandidat habe "reelle Chancen". Für die Bürger stehe nun auch ein Bewerber aus dem linken Lager zur Wahl. "Ich habe mich zuerst schwer getan, einen SPD-ler zu unterstützen", sagte Antonia Wimmer, die für die Grünen-Liste kandidiert. Bei der emotionalen Rede von Xylanders habe sie aber gespürt, dass dieser mit sehr viel Herzblut dabei sei.

Wimmer ist eine von elf Kandidaten für den Gemeinderat, die am Donnerstag per Blockabstimmung einmütig gewählt wurde. Die Frauen sind bei den Dietramszeller Grünen, die derzeit zwei der 20 Gemeinderäte stellen, in der Überzahl: Sieben der elf Kandidaten sind weiblich. Auch die unter 25-Jährigen sind auf der Liste stark vertreten, ebenso die Altersgruppe Ü 50. Gemeinderätin Constanze Koob kandidiert nicht mehr. Prömmer, der seit zwölf Jahren im Gemeinderat sitzt, nannte als Kernpunkte den Bau von Fahrradwegen, etwa zwischen Dietramszell und dem S-Bahnhalt Otterfing. Er kündigte einen Antrag an, wonach bei Neu- und Umbauten PV-Anlagen verpflichtend sein sollen. Kritisch sieht er ein Neubaugebiet in Obermühltal auf einer Fläche von 15 000 Quadratmetern, das seiner Ansicht nach "unseren Ort sprengt". Eine klare Absage erteilte er neuen Gewerbegebieten, die Fläche "zupflastern." Lob gab es für die scheidende Bürgermeisterin: Leni Gröbmaier habe stets die Umwelt und soziale Fragen im Blick gehabt, sagte Prömmer.

Die Grünen-Kandidaten in Dietramszell: 1. Teresa Wimmer, 22, Studentin; 2. Hubert Prömmer, 64, Vermessungsingenieur; 3. Godela Hort, 69, Musiklehrerin; 4. Andreas Sander, 64, Anwalt; 5. Maria Spindler, 35, Kinderpflegerin; 6. Norbert Goldschatz, 65, Rentner; 7. Anna Petzenhammer, 19, Köchin und BOS-Schülerin; 8. Luca Weber, 20, Elektroniker; 9. Antonia Wimmer, 56, Lehrerin; 10. Kathrin Weber, 52, Sozialpädagogin; 11. Petra Jacobs, 62, Lehrerin

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SZ vom 11.01.2020
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