Süddeutsche Zeitung

Stichwahl in der Loisachstadt:Im Foto-Finish zum Männerduell

Lesezeit: 3 min

In Wolfratshausen erzielt Amtsinhaber Klaus Heilinglechner von der Bürgervereinigung die meisten Stimmen. Er muss nun gegen Günther Eibl (CSU) antreten. Dieser bekam nur 36 Stimmen mehr als Annette Heinloth (Grüne).

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Dass die Stadt Wolfratshausen trotz der Corona-Gefahr am Sonntagabend die Auszählung der Bürgermeisterwahl im Sitzungssaal des Rathauses auf einer Großleinwand live übertrug, hat sich für die Zuschauer gelohnt. Schließlich waren die Wahlergebnisse, die nach und nach eintrudelten, spannend wie ein Fußball-Halbfinale, dass erst kurz vor dem Schlusspfiff entschieden wird. Zwar lag Amtsinhaber Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) in allen 22 Schnellmeldungen mit einem komfortablen Vorsprung in Führung. Er konnte am Ende mit 29,05 Prozent die meisten Stimmen für sich verzeichnen. Annette Heinloth (Grüne) und Günther Eibl (CSU) aber lieferten sich ein denkbar knappes, nervenzehrendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende konnte Eibl die einzige Wolfratshauser Bürgermeisterkandidatin in einem Foto-Finish mit lediglich 36 Stimmen Vorsprung überholen. Er muss nun am Sonntag, 29. März, gegen Heilinglechner in der Stichwahl antreten.

Chancenlos waren hingegen die anderen beiden Herausforderer: Richard Kugler, der für die Wolfratshauser Liste ins Rennen um das höchste Amt ins Rathaus gegangen war, kam auf 16,55 Prozent der Wählerstimmen. Der SPD-Kandidat Manfred Menke fuhr mit 12,55 Prozent das schlechteste Ergebnis der Wolfratshauser Bürgermeisterwahl 2020 ein.

Im Sitzungssaal war den Kandidaten und ihrem Gefolge die Spannung anzusehen. Eibl lag bei der ersten Schnellmeldung noch knapp über Heinloth, die ihn dann aber in den vorläufigen Ergebnissen zunächst überholte. Teilweise trennte die beiden ein hauchdünner Unterschied von nur fünf Promille Stimmenanteil. Eibl versuchte sich nichts anmerken zu lassen und blickte viel auf sein Smartphone. Als er zur 17. Schnellmeldung wieder knapp in Führung ging, vergaß er jedoch kurz alle wegen der Virusgefahr geltenden Hygieneregeln und fasst sich sichtlich aufgeregt an die Nase. Heinloth hatte den Saal zwischenzeitlich verlassen, kam aber rechtzeitig vor der finalen Auszählung zurück. "Ich habe selten so etwas Spannendes erlebt", sagte die 51-Jährige nach der finalen Auszählung der Stimmen - und gab sich kein bisschen enttäuscht. Sie sei "sehr zufrieden" mit dem Ausgang der Wahl, erklärte Heinloth. Denn: "Ich habe als Grüne Frau in Wolfratshausen fast 21 Prozent bekommen." Sie freue sich, dass ihre Partei mit ihren Themen im Wahlkampf so erfolgreich gewesen sei.

Er habe eine knappe Wahl erwartet, sagte Eibl. Dass ihm am Ende aber ein Vorsprung von nur 36 Stimmen reichte, um in die Stichwahl zu kommen, fand auch er außergewöhnlich. "Man muss den Wählerinnen und Wählern für den spannenden Ausgang danken", sagte der CSU-Kandidat mit einem Lächeln der Erleichterung, nachdem ihm sein Konkurrent Heilinglechner gratuliert hatte.

"Ich bin auf alle Fälle zufrieden", erklärte der Amtsinhaber trotz seines nicht besonders deutlichen Sieges. Dass es in Wolfratshausen keinen Gewinner im ersten Wahlgang geben werde, sei klar gewesen. "Mein Ziel war es, in die Stichwahl zu kommen, und ich bin froh, dass ich das erreicht habe." Die Wahl sei schwer einzuschätzen gewesen. "Am Ende ist es immer auch eine Rückmeldung: Waren die letzten Jahre in Ordnung", sagte Heilinglechner. Eine Parole für die kommenden Tage gab er nicht aus - weil gar nicht sicher sei, ob es wegen der Coronakrise überhaupt einen Wahlkampf gebe. Er gehe aber davon aus, dass das "faire Verhältnis" zwischen ihm und Eibl in den kommenden zwei Wochen bestehen bleibe. Eibl wiederum erklärte, die CSU werde an ihrer Linie festhalten und weiterhin keine öffentlichen Veranstaltungen austragen. "Keine Wahl ist so wichtig wie die Gesundheit der Bevölkerung."

Richard Kugler, der es 2008 als parteifreier CSU-Kandidat in die Stichwahl geschafft hatte und nun als Kandidat der neuen Wolfratshauser Liste weit entfernt blieb, gab sich dennoch zufrieden. Seine 16,55 Prozent seien knapp an den anderen und "ein Top-Ergebnis dafür, dass wir uns erst im Oktober gegründet haben", erklärte er. SPD-Kandidat Manfred Menke gab zu, dass er "ein bisschen enttäuscht" sei. "Ich hätte mir schon ein paar Prozent mehr erhofft." Dennoch habe er in den vergangenen Wochen "viele Erfahrungen gemacht, die ich nicht missen möchte".

Fünf Kandidaten für das Bürgermeisteramt hatte es in Wolfratshausen zuvor noch nie gegeben. Die große Konkurrenz hat Heilinglechner sicher Stimmen gekosten - auch wenn sein Vorsprung zum Zweitplatzierten größer ist als vor sechs Jahren. Bei der Kommunalwahl 2014 brachte er es im ersten Wahlgang auf 35,81 Prozent und musste in die Stichwahl gegen den SPD-Kandidaten Fritz Meixner, der nur 85 Stimmen weniger bekommen hatte und bei 34,5 Prozent lag. Der dritte, CSU-Kandidat Peter Plößl, hatte vor sechs Jahren 29,89 Prozent der Stimmen bekommen.

Die Verlierer von Sonntag wollen derzeit noch keine Empfehlungen für die Stichwahl aussprechen. Heinloth, Menke und Kugler verwiesen auf ihre Vorstandssitzungen. Erst nach der Auszählung der Stadtratswahl werde man sich äußern. Dass die Angst vor Corona bei den Wolfratshausern das Wahlergebnis beeinflusst hat, lässt sich aus den Zahlen nicht festmachen. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,2 Prozent und damit über der von 2014 (53,5 Prozent).

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SZ vom 16.03.2020
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