Süddeutsche Zeitung

Beuerberg:Neuanfang im Kloster

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Als die Salesianerinnen 2014 ihr Konvent verließen, drohte der Barock-Anlage Leerstand oder Zweckentfremdung. Stattdessen wagt die Erzdiözese mit einem Kulturtagungshaus und Ausstellungen eine andere Entwicklung, die dem Bau und seiner Geschichte gerecht wird.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Als die Salesianerinnen vor acht Jahren aus dem Kloster Beuerberg auszogen, war es mit der rein sakralen Prägung des Baus endgültig vorbei. Der fast 250 Jahre alten Anlage mit ihren 12 000 Quadratmetern drohten damit jahrelanger Leerstand oder eine traditionsvergessene Umnutzung. Überlegungen, sie an einen Investor mit Entwicklungsplänen für exklusive Eigentumswohnungen zu verkaufen, zerschlugen sich glücklicherweise, zumindest für die Öffentlichkeit. Das bot der Erzdiözese München und Freising die Chance, das Kloster anders weiterzuentwicklen, ohne dessen spirituelle Wurzeln zu kappen: mit Ausstellungen, einem künftigen Beherbergungsbetrieb im Josefstrakt und als Kulturtagungs- und Bildungsstätte.

Von der Herausforderung, mit dieser Wandlung umzugehen, berichtete Anna-Maria de la Iglesia in ihrem Vortag der Kreisbildungswerks-Reihe "Klosterleben - Klosterfrauen" am Montagabend in Beuerberg. Die Zentralfrage sei, wie die Erzdiözese "aus der Substanz schöpfen und die Tradition neu denken" könne, erklärte die Kunsthistorikerin, die für das Freisinger Diözesanmuseum tätig ist. Dessen Team unter Leiter Christoph Kürzeder war für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Beuerberger Klosteranlage verantwortlich. "Wir haben uns überlegt, wie wir das Kloster öffnen können, ohne dessen Geist zu verlieren", so Iglesia.

Dafür könnte helfen, dass die Beuerberger Ordensgemeinschaft in den Jahrhunderten ihrer Existenz bereits mehrere Rollen- und Funktionswechsel erlebt hat. Bis zur Säkularisation war das 1121 gegründete Männerkloster der Augustiner-Chorherren kulturelles Zentrum im Loisachtal, bot 30 Arbeitsplätze für die umliegende Dorfbevölkerung und lebte umgekehrt von den ihm unterstehenden Höfen. Eine weltliche Zwischenphase folgte, ehe 1846 die Salesianerinnen im Kloster einzogen, wo sie bis zur Nazi-Zeit eine Mädchenschule führten und es nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Müttergenesungs- und einem Altenerholungsheim versuchten. Nach 2014 blieb eine fast unüberschaubare Zahl von Kunst- aber auch Alltagsgegenständen im Kloster zurück.

Damit war klar, dass die Erzdiözese vor einem langwierigen Dokumentations- und Inventarisierungs- sowie Entwicklungsprozess stehen würde. Dass die Salesianerinnen laut Iglesia die denkmalgeschützte Barockanlage samt allem Inventar an die Kirche verschenkt haben - und dafür nur ihre Altenheimunterbringung bezahlt bekamen, könnte zwar zunächst als schlechter Deal erscheinen. Andererseits übernahm die Erzdiözese die herausfordernde Aufgabe, den Klosterkomplex zu restaurieren. "Ich persönlich würde mir ein Haus aus dem 18. Jahrhundert nicht schenken lassen", sagte Iglesia. Laut der Kunsthistorikerin fällt für die Sanierung eine "große Millionensumme" an.

Unabhängig davon scheint das Manifest der Beuerberger Schule, das Kürzeder und sein Team als Grundlage für die Weiternutzung entwickelt haben, aufzugehen. Die von 2016 an jährlich wechselnden Ausstellungen im Kloster wurden zu Publikumsmagneten. Knapp 50 000 Besucher kamen zur ersten Schau in nur fünfeinhalb Monaten. "Ein voller Erfolg", sagte Iglesia. Die Schwellenerfahrung des Eintritts ins Kloster konnten die Gäste direkt nachvollziehen. So blieb die Pforte mit ihren Gitterabtrennungen als Zugang erhalten. Dass die Schwestern dort wie in einem Gefängnis eingesperrt gewesen seien, stimme aber nicht, so Iglesia. "Die Gitter sollten die Außenwelt mit ihren Ablenkungen aussperren, um zur Ruhe zu kommen und zu Gott zu finden."

Bestimmend war für das Beuerberger Manifest auch die im Kloster existierende Gastfreundlichkeit. So wurde laut Iglesia eine Gastronomie in den Ausstellungsbetrieb integriert und mit altem Geschirr der Nonnen im Refektorium ausgestattet. Das Prinzip der Gastfreundschaft soll auch der im Josefstrakt entstehende Beherbergungsbetrieb mit bezahlbaren Übernachtungsmöglichkeiten samt Kramerladen und Café aufgriefen. Seine Fertigstellung ist für 2023 geplant. Im Kloster lässt die Erzdiözese etwa den Kirchengang oder die Prälatenkapelle sanieren, um deren Originalzustand wiederherzustellen. Im Erdgeschoss ist eine Dauerausstellung geplant. Der Festsaal soll von kommendem Jahr an für Trauungen bereit stehen. In den oberen Stockwerken will die Erzdiözese Räume für Veranstaltungen und Büros vermieten. Auf einer Etage im Westtrakt ist bereits das Kreisbildungswerk (KBW) eingezogen. Dass die frühere, aus ihrer Funktion gerissene Schwesternkapelle als Sakralraum entweiht wurde, kam bei manchen Vortragsbesuchern weniger gut an. Mit einem Neuanfang gehe immer etwas verloren, räumte KBW-Geschäftsführer Andreas Käter an. Die spirituell-theologische Bildung aber bleibe integraler Bestandteil im Kloster. Bislang sei ein schon toller Zwischenerfolg gelungen.

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