Süddeutsche Zeitung

Internet in Bad Tölz:Glasfaser bis ins Haus

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"Wir sind noch nicht fertig": Bad Tölz will den Breitband-Ausbau vorantreiben.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig schnelles Internet ist - für Videokonferenzen, fürs Empfangen und Senden umfangreicher Unterlagen, für die Anwendung von Clouds. Wer daheim aber bloß eine Internet-Geschwindigkeit von bis zu 30 Megabit pro Sekunden hat, stößt auf seinem Computer rasch an Grenzen. In Bad Tölz wird der Breitbandausbau schon seit acht Jahren vorangetrieben, angestoßen von der Stadt, aber auch von den Netzbetreibern in Eigenregie. Ein Tempo von 100 Megabit ist mittlerweile gang und gäbe, manche haben 250, einige im Download sogar 1000 Megabit, also ein Gigabit zur Verfügung. Für Falko Wiesenhütter ist dies nur eine Momentaufnahme. "Der Breitbandbedarf wird mit großer Wahrscheinlichkeit weiter steigen", sagte der Geschäftsleiter der Stadt in einem Pressegespräch am Donnerstag im Saal des Rathauses. "Wir sind noch nicht fertig."

Soeben hat die Telekom die zweite Ausbauphase in der Kurstadt beendet. Damit haben nun Kirchbichl samt den umliegenden Weilern, Roßwies, Walgerfranz/Ratzenwinkel, das Isarkraftwerk mit Kläranlage, der Moralthof und die Wackersberger Straße südlich der Bundesstraße 472 flottes Internet. Allerdings, stellte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) klar, müssten sich die Kunden selbst kümmern, dass ihr Tarif dafür umgestellt wird. Im Rathaus meldeten sich nicht selten Leute, die meinten, es könne doch nicht sein, dass sie so langsames Internet haben. Dann stelle sich oftmals heraus, dass sie noch einen alten Vertrag mit dem Netzanbieter haben, erzählte Mehner. Oder die in der Straße vor der Haustüre verlegte Technik sei zwar neu, die in den Häusern aber veraltet - und beides nicht kompatibel. Da müsse man mit der Hausverwaltung reden, rät der Bürgermeister. Manchmal liege es auch einfach nur daran, dass ein neuer Router nötig sei.

Im ersten Ausbauschritt, der bis 2016 dauerte, hatte die Telekom den Stadtteil Ellbach und das Gewerbegebiet Im Farchet an schnelles Internet angeschlossen. Ebenso wie nun in der zweiten Phase geschah dies über die Vectoring-Technik: Die Verteiler-Standorte sind mit dem Glasfasernetz verknüpft, von ihnen laufen dann Kupferkabel in die Häuser. Mit Vodafone gibt es noch einen zweiten Netzbetreiber in Bad Tölz, der seine Verstärkerpunkte in den vergangenen Jahren ebenfalls technisch aufgerüstet hat und Download-Bandbreiten bis zu einem Gigabit anbietet, allerdings - anders als die Telekom - nicht flächendeckend. Vodafone, so Wiesenhütter, konzentriere sich auf dichter besiedelte Stadtgebiete. "Für uns sind zwei Netzbetreiber ein Luxus, weil es einen gewissen Wettbewerb gibt, der viel in Schwung bringt", sagt der Geschäftsleiter.

Die Stadt selbst darf in den freien Markt nur dann eingreifen, wenn sich der Internetausbau für die Unternehmen nicht wirtschaftlich darstellt. "Das ist der Punkt, wo Kommunen und Freistaat ins Boot kommen", so Wiesenhütter. Allerdings geht es dann um Steuergeld, die bürokratischen Verfahren sind langwierig, das Verfahren mit einer langen Latte an Vorschriften ist aufwendig. "Das ist auch der Grund, warum es oft so lange dauert." In der zweiten Ausbauphase der Telekom in Tölz klafft eine Wirtschaftlichkeitsloch von einer halben Million Euro. Davon übernimmt die Stadt 107 000 Euro, der Freistaat den Rest. "Die Internet-Versorgung von kleinen Weilern und Höfen ist für uns nicht weniger wertvoll als im Innenstadtgebiet", sagt Wiesenhütter.

In einer dritten Phase sollen bis 2023 noch die Gebiete Kogl (nördlich von Kirchbichl) sowie Unter- und Obermühlbach nahe der B 13 schnelles Internet bekommen. Für die Zukunft setzt die Stadt auf den direkten Anschluss ans Glasfasernetz. Dabei fokussiert sie sich auf ihre Schulen und auf Gewerbebetriebe. Außerdem sollen die Glasfaserleitungen bei Tiefbaumaßnahmen gleich mitverlegt werden, um die Kosten zu senken, etwa bei der Sanierung des Altstadtviertels Im Gries. Einen Masterplan "Mitverlegung" hat Wiesenhütter schon in der Schublade. Leichter wird es für ihn nicht: Für die Förderung eines Ausbaus zählt fortan nicht mehr die Internet-Geschwindigkeit als solche, sondern die Frage, ob die Maßnahme einer Firma oder einer Privatperson zugute kommt, wie der Download aussieht, wie der Upload. Das alles, seufzt Wiesenhütter, sei "wahnsinnig kompliziert".

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SZ vom 19.02.2021
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