Süddeutsche Zeitung

Geothermie in Geretsried:Und es wird doch gebohrt

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Geretsrieder Hauptausschuss beschließt trotz Kritik Probeuntersuchungen für mögliches Geothermie-Kraftwerk in Gelting

Von Arnold Zimprich, Geretsried

Acht Kleinbohrungen mit 60 bis 80 Millimeter Durchmesser und maximal sechs Metern Tiefe, dazu sieben schwere Rammsondierungen und zwei bis drei Tage Arbeitszeit - das sind die Eckdaten der projektierten Probebohrungen, die Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) in Kooperation mit der Enex Power Germany GmbH aus Kirchseeon so bald wie möglich über die Bühne bringen will. Nach Diskussion entschied sich auch der Geretsrieder Hauptausschuss am Dienstag schließlich mehrheitlich für die Probebohrungen - und damit für einen erneuten Anlauf in Sachen Geothermie.

Gebohrt werden soll im Bereich der Leiten- und der Amberger Straße und am sogenannten "Buchberger Zipfel", unweit des Tierheims. Stadtrat Volker Reeh (Geretsrieder Liste) war allerdings merklich empört. "Der Standort ist für mich schwierig darstellbar". Er erwarte Gegenwind vom Tierheim - sollten die Probebohrungen, die allein der Baugrunderkundung dienen, tatsächlich nach dem sogenannten Eavor-Loop-Verfahren getätigt werden. Hierbei wird nicht nur vertikal, sondern in großen "Loops", also Schleifen, auch horizontal gebohrt, um so Warmwasser zu erhalten. "Man schüttet an der einen Seite kaltes Wasser rein und holt an der anderen Seite heißes raus", erläuterte Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger das Verfahren bereits im Juli.

Martina Raschke (Grüne) zeigte sich von dem Vorhaben wenig begeistert. "Man müsste das Bohrprojekt erst in der Gesamtheit behandeln, ehe man ins Detail geht. Das ist ja alles noch nicht diskutiert." Raschke wollte dazu den Arbeitskreis Klima tagen lassen, was Bürgermeister Müller überflüssig fand. Während er im Urlaub war, empfing die Zweite Bürgermeisterin Sonja Frank (Freie Wähler) Enex-Vertreter, die in Kooperation mit dem kanadischen Bohrexperten Eavor das Projekt umsetzen wollen. Enex stehe unter Zeitdruck. Im Verhältnis zu der Summe, die bereits in das Gesamtprojekt gesteckt wurde, seien die Kosten für die Probebohrung eine Kleinigkeit. Frank wischte Bedenken beiseite, die Probebohrungen könnten zu größeren Umweltschäden führen. "Das sind nur kleine Eingriffe". Raschke empfand das Vorgehen hingegen als zu forsch. "Es gibt keine Referenzprojekte. Es sollen verfrüht Tatsachen geschaffen werden", befürchtete die Grünen-Politikerin. Auch Sabine Lorenz (CSU) zeigte sich gegenüber dem inzwischen dritten Anlauf, auf Geretsrieder Flur Thermalwasser anzuzapfen, skeptisch. "In Icking steht jetzt eine Bauruine. Man muss gut überlegen, wo und wie gebohrt wird".

Ewald Kailberth (CSU) befürwortete hingegen die Probesondierungen, wünschte sich aber, dass weiterhin nach alternativen Bohrplätzen gesucht werde. "Es ist so ein schönes Waldgebiet", klagte Kailberth, "kann man nicht schauen, ob woanders auch gebohrt werden kann?" Sollte es tatsächlich zur Erschließung von Geothermie im Bereich des Buchberger Zipfels kommen, müsste ein beträchtlicher Teil des dortigen Waldbestandes gerodet werden. Kailberth wünschte sich, den Arbeitskreis Klima zumindest nach einer Probebohrung tagen zu lassen, ehe Tatsachen geschaffen würden.

Bürgermeister Müller beruhigte die Gemüter. "Es geht hier nur um die Fundamente und darum, ob überhaupt gebohrt werden kann, nicht um die Bohrung selbst." Franz Wirtensohn (CSU) machte dennoch seinem Ärger Luft. "Ich bin dagegen, dass gebaut wird", sagt der Geltinger. "Hände weg vom Buchberger Zipfel" hatte Wirtensohn noch im Juli gewarnt.

Bei dem angestrebten Bohrverfahren soll es sich um ein erfolgversprechenderes handeln als bei den bisherigen Versuchen in Gelting, beteuern die beauftragten Firmen.

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Quelle:
SZ vom 10.09.2020
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