Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz-Wolfratshause:Landkreis muss Rekordausgaben finanzieren

Lesezeit: 3 min

Landrat Josef Niedermaier stellt für 2022 einen Etatentwurf mit mehr als 26 Millionen Euro an Investitionen vor. Die Politik hat nun die Wahl zwischen einer Erhöhung der Kreisumlage und einer Neuverschuldung

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshause

Dem Landkreis stehen nächstes Jahr hohe Ausgaben ins Haus. Die Sanierung der kreiseigenen Schulen, die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und die Aufstockung des Personals im Amt auf der Tölzer Flinthöhe - das alles schlägt mit Millionenbeträgen zu Buche. Da stellt sich die Frage, wie alle Vorhaben und Aufgaben finanziert werden können. Denn um die Rücklagen des Landkreises steht es nicht mehr gut. Die Kreisräte werden sich in den folgenden Sitzungen entscheiden müssen: neue Schulden machen oder die Kreisumlage erhöhen? Das ist jene Abgabe, welche die Städte und Gemeinden an den Landkreis zur Finanzierung kommunaler Aufgaben abführen. Und sie ist sozusagen ein heißes Eisen, da die Bürgermeister es nicht gerne sehen, wenn sie dem Landkreis mehr Geld geben müssen. "Die Diskussion ist noch nicht zu Ende geführt, aber Gespräche muss es geben", sagt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler).

Investitionen zu verschieben, ist für den Landrat keine Option. Letztlich verlagere das nur die Probleme. Es gelte, einen Investitionsstau zu verhindern, sagte Niedermaier bei der Einbringung des Haushalts für das Jahr 2022 im Kreistag. Zugleich betonte er, dass der Landkreis im kommenden Haushaltsjahr so viel Geld ausgeben werde wie noch nie in seiner Geschichte.

Der Entwurf umfasst ein Etat-Volumen von an die 176 Millionen Euro insgesamt. Mehr als 26,5 Millionen Euro plant der Kreis zu investieren, allein circa 24 Millionen Euro entfallen auf Schulsanierungen und Neubauten. 5,6 Millionen Euro sind für die Arbeiten an der Realschule in Wolfratshausen vorgesehen. Noch mehr Geld, nämlich mehr als 7,7 Millionen Euro, kostet die Sanierung des Schulzentrums Geretsried im nächsten Jahr. Fast vier Millionen Euro verschlingt die Nachrüstung der Lüftungsanlagen in den kreiseigenen Schulen - nur eine der Ausgaben, welche die Corona-Pandemie nach sich zieht. Immerhin gibt es dafür Zuschüsse von Bund und Freistaat in Höhe von 80 Prozent der Kosten.

Mit 1,4 Millionen Euro schlägt die Renovierung des Schulschwimmbads in Bad Tölz zu Buche. Würde der Landkreis diese Investitionen nicht tätigen, wären "wesentlich höhere Ausgaben in späteren Haushaltsjahren die Folge", prophezeit Niedermaier. "Billiger wird es sicher nicht, wenn man die Steigerungen bei den Baupreisen betrachtet", sagte er.

Es sei auch nicht vorstellbar, einen Rückzieher beim Ausbau des ÖPNV zu machen, wolle man bei Klimaschutz und Energiewende etwas erreichen, so Niedermaier. Fast sieben Millionen Euro stehen dafür im Haushaltsentwurf. Nach Abzug von Einnahmen und Zuschüssen bleiben 4,6 Millionen Euro übrig. Ein Ende ist nicht in Sicht, da die Projekte aus dem aktualisierten Nahverkehrsplan erst von 2023 an umgesetzt werden sollen. Klimaschutz koste schlicht Geld, betonte Niedermaier. "Und zwar eine ganze Menge."

Und schließlich wären da noch 11,5 neue Stellen, welche die Kreisverwaltung angemeldet hat. Keine davon sei auf den ersten Blick unberechtigt, so Niedermaier. Aber auch sie kosten Geld - etwa eine dreiviertel Million, meinte Kreiskämmerer Ralf Zimmermann.

Was eben die Frage der Finanzierung aufwirft, zumal sich noch nicht alle Wünsche im Etat-Entwurf wiederfinden. Von den 16 Millionen Euro auf der hohen Kante in früheren Jahren sind aktuell noch 5,24 Millionen übrig. Vorgeschrieben ist, dass der Landkreis eine Mindestrücklage vorhalten muss. Das sind 1,25 Millionen Euro. Um alles leisten zu können, ist eine Kreditaufnahme in Höhe von sechs Millionen Euro vorgesehen. Doch mit einer Nettoneuverschuldung in diesem Jahr hadert der Landrat. Niedermaier möchte sie zum jetzigen Zeitpunkt tunlichst vermeiden, zumindest darüber in den Gremien diskutieren und für spätere Jahre aufsparen, da die Ausgaben nicht weniger werden. Das sei ein Gedankenspiel, sagt er. Da die Kommunen im Landkreis weitestgehend schuldenfrei seien, könnten sie stärker zur Kasse gebeten werden.

Der Hebesatz der Kreisumlage wird auch mit Kredit erhöht von 47,5 auf 49,5 Prozentpunkte, was 81,6 Millionen ausmacht. Das sind etwa 2,5 Millionen Euro mehr als 2021. Jede zusätzliche Ausgabe könne nur über die Kreisumlage finanziert werden, betonte Niedermaier. Jeder Prozentpunkt macht 1,65 Millionen Euro mehr in der Landkreis-Kasse aus.

Die kommenden Haushaltsberatungen dürften daher spannend werden. Niedermaier sagte, es sei aus seiner Sicht nicht sinnvoll, politisch an einem niedrigen Hebesatz festzuhalten. Die niedrigen Zinsen sprächen eher für Kreditaufnahmen. "Damit müssen wir uns auseinandersetzen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5449163
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.10.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.