Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:"Das bin ich"

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Stefanie von Quast findet in Malerei und Skulptur ihre Erfüllung. Auf Leinwand, in Holz, Bronze und Stein dreht sich bei ihr alles ums Thema Mensch

Von Felicitas Amler, Egling

Ihre Schmucksteine bewahrt Stefanie von Quast in einem großen, hohen Kühlschrank auf. Sie öffnet die Tür, und es offenbart sich eine Pracht in Rosa, Türkis, Grün, Blau und Brauntönen: Sechs Fächer voll Jaspis, Achat, Chalcedon, Zoisit ... Nicht gerade Steine, die man sich um den Hals hängen möchte. Vielmehr unbehauene Brocken, deren Charakter sich erst entfaltet, wenn von Quast sie bearbeitet. Was sie daraus macht, ist eine Spezialität der Bildhauerin. Sie schafft Figuren, die halb aus Bronze, halb aus Stein bestehen. Da gibt es einen "Ballspieler", dessen Oberkörper lapislazuli-blau schimmert, eine "Hellseherin" mit Rhodochrosit-Kopf, eine "Große Mutter" mit Brüsten aus Chalcedon - und alle mit bronzenem Unterleib. Ein Markenzeichen der 53-jährigen Künstlerin, deren ganzes Werk um das Thema Mensch kreist. Von Samstag an stellt die Neufahrnerin eine Auswahl solcher Arbeiten, aber auch Skulpturen aus Holz und Gemälde im Kreuzgang des Benediktbeurer Klosters aus.

Stefanie von Quast malt seit ihrer Kindheit. Die Künstler des "Blauen Reiters" hätten sie begeistert, erzählt sie, ihr Lieblingsmaler sei Alexej von Jawlensky gewesen. Sie studierte Grafikdesign, Malerei und Zeichnung, war Schülerin des österreichischen Bildhauers Josef Zenzmaier und ist seit mehr als 20 Jahren freischaffende Künstlerin. Ihr Atelier ist in Giesing, ihre Werkstatt in Neufahrn bei Egling, gleich neben dem Haus, in dem sie und ihr Mann leben - mitten im schönsten, sattgrünen Oberland-Idyll.

Werkstatt - der Begriff passt zu dieser zupackenden Künstlerin, die alles hat und beherrscht, womit sie Ton und Wachs formen, Stein und Holz behauen kann: Geschickte Hände, aber auch Hammer und Meißel, Ketten- und Bandsäge, Diamantschneider und Flex. Sogar einen Portalkran nennt sie ihr eigen, und die Werkstatt hat ein Tor, durch das die Bildhauerin bei Bedarf mit dem Anhänger reinfährt, um ein möglicherweise tonnenschweres Stück auf- oder abzuladen. Sie lacht: "Ich bin ein guter Arbeiter." Dann zögert sie kurz, fragt sich, warum sie ihr Licht unter den Scheffel stellen sollte, und sagt: "Manchmal denke ich, ich arbeite auch besser als manche Männer." Wie sie all das gelernt hat? Die Antwort klingt wie eine bestechend positive Lebensdevise: "Wenn man's einfach tut, dann geht's schon."

So bejahend ist denn auch ihre Kunst. "Optimistisch" nennt von Quast ihren Stil. Und sagt gleich noch dazu, was sie alles nicht sein und tun möchte: Keine Künstlerin, "die gern Probleme wälzt"; keine, die "aufdringlich" malt oder Menschen "in schreienden Farben und exponierten Positionen" darstellt. "Das bin ich nicht."

Ein Holz-Kunstwerk, das sie schon x-fach in unterschiedlichen Größen und Kombinationen gefertigt hat, unterstreicht diese Neigung zur Harmonie: Es sind schlanke stilisierte Figuren, die aus einem Stück herausgearbeitet werden und sich am Ende wieder zu einem Ganzen zusammenfügen: Paare und Familien, aneinandergeschmiegt, als sagten sie, so von Quast: "Wir sind aus einem Holz geschnitzt."

Von Quasts Arbeit zielt aber nicht nur in ihrer Wirkung aufs Schöne und Gute. Sie ist für die Künstlerin selbst beglückend. "Ich werde unausstehlich, wenn ich nicht arbeiten kann", sagt sie. Oder anders herum: "Ich bin ausgeglichen, wenn ich mich kreativ austoben kann." Dabei unterscheidet sie zwischen der Bildhauerei, die körperlich meist Kraft verlange, und der Malerei, die sie mental anstrengender findet. Skizzen sind im einen wie im anderen Fall nötig, aber das Zeichnen fällt ihr offenbar leicht: "Ich habe in meinem Leben schon so viel gezeichnet, das meiste geht aus dem Kopf." Nur gelegentlich brauche sie Mann oder Kind als Modell für ein Knie oder eine Schulterpartie.

Körperteile sind in jedem Fall nötig, wenn man fast ausschließlich Menschen malt, meißelt oder modelliert. Ein einzelner Hund aus Holz sitzt vor dem Haus der Künstlerin (in dem es einen leibhaftigen Hund gibt), daneben Holzskulpturen, die viele schon gesehen haben mögen, etwa auf den "Kunstmeilen" der vergangenen Jahre in Wolfratshausen. Ein pfiffiger Fotograf mit Schirmmütze und Balgenkamera steht da, bereit, gleich auf den Auslöser zu drücken; zwei "Träumelinchen" genannte Frauen sitzen mit überschlagenen Beinen und aufgestützten Köpfen auf der Hausbank. Ein einladendes Entree.

Lebenszugewandt, wie sie ist, lacht Stefanie von Quast erkennbar gern - und hat auch Witz. Nicht nur, weil sie einen ausrangierten Kühlschrank als Edelstein-Depot in ihrer staubigen Werkstatt verwendet. Manchmal blitzt der Schalk auch aus ihren Augen, wenn sie über ihre Kunst spricht. So erklärt sie etwa die kleine Bronze eines Mannes, der mit nichts als einem grünen Hut bekleidet ist, mit einem Song von Joe Cocker: "You can leave your hat on." Es wäre doch unfair, meint sie, wenn sich immer nur die Frauen auszögen.

Die Ausstellung, die von Quast in Benediktbeuern zeigt, trägt den Titel "Von der Sehnsucht nach Glück". Lange habe sie daran getüftelt, erzählt sie, es sollte nicht banal klingen, aber das sei es doch, was heutzutage alle bewege; bis hinein in die Arbeit gehe es darum, Nischen und Pausen zu finden, in denen Menschen sich wohlfühlen. So wie sie es in der Kunst tut, über die sie schlicht sagt: "Das bin ich."

Vernissage am Sonntag, 29. Juli, 15 Uhr, Ansprache Günter Unbescheid, Harfe: Felicia Gysin, Kloster Benediktbeuern, Süd- und Westflügel, Don-Bosco-Straße 1; bis 19. August, täglich von 9 bis 18 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2018
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