Süddeutsche Zeitung

Wegen Corona-Krise:Justiz verschärft Kontrollen für Besucher

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Wer in das Gerichtsgebäude will, muss nun eine Selbstauskunft geben

Von Andreas Salch

Das Münchner Strafjustizzentrum hat die Eingangskontrollen wegen der Corona-Krise verschärft. Seit diesem Donnerstag müssen alle Personen, die nicht der Justiz angehören, in einem weißen Zelt vor dem Gebäude an der Nymphenburger Straße 16 einen Fragebogen ausfüllen. In dieser "Selbstauskunft für Besucher von Justizgebäuden" und für "sonstige Externe" müssen Name, Anschrift und E-Mail-Adresse angegeben werden. Es folgen zwei Fragen zum Gesundheitszustand, die mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Jeder Besucher, der das Strafjustizzentrum betreten will, muss verbindlich erklären, dass er keine "Atemwegsprobleme oder unspezifische Allgemeinsymptome" wie Fieber-, Kopf- oder Gliederschmerzen hat und in den vergangenen zwei Wochen auch keinen Kontakt zu einem "bestätigten an Covid-19 Erkrankten" hatte. Außerdem darf man sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Erst danach darf man das Strafjustizzentrum betreten. In das Zelt, in dem die "Selbstauskunft" ausgefüllt werden muss, dürfen immer nur zwei Besucher gleichzeitig. Ein Justizwachtmeister nimmt die ausgefüllten Fragebogen entgegen.

Aufgrund der Corona-Krise war es Anfang der Woche zu einem Eklat gekommen: Fünf Rechtsanwälte hatten sich geweigert, einen Gerichtssaal am Landgericht München I zu betreten, in dem zu Sitzungsbeginn um die 50 Personen auf engem Raum saßen. Die Verhandlung wurde schließlich ausgesetzt und soll nun zu einem späteren Zeitpunkt beginnen.

Die Selbstauskunft von Besuchern soll mehr Sicherheit bringen. Sie beruhe auf einer "Handreichung" des Justizministeriums und wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) München angeordnet, sagte Pressesprecher Florian Gliwitzky. Sie gelte bis auf Weiteres. Angaben zur Person und zum Gesundheitszustand würden nach sechs Wochen vernichtet. Mit welchen Konsequenzen derjenige rechnen muss, der Falschangaben macht, könne er noch nicht sagen, so Gliwitzky. Für Angeklagte, die auf freiem Fuß sind und einen Termin etwa vor dem Amtsgericht haben, dürfte die Verlockung groß sein, so einen Aufschub zu bekommen. In so einem Fall würde der Richter gegebenenfalls das Gesundheitsamt hinzuziehen und eine Untersuchung des Angeklagten anordnen, sagt Gliwitzky. Die "strafrechtliche Relevanz" einer Falschangabe werde jedenfalls geprüft.

Um zu verhindern, dass in den Sitzungssälen Prozessbeteiligte und Zuschauer dicht an dicht sitzen, könne der jeweilige Vorsitzende prüfen, "inwieweit die Öffentlichkeit hergestellt werden kann", so Gliwitzky. Trotz der Corona-Krise müsse die Münchner Strafjustiz einen "geordneten Geschäftsbetrieb aufrechterhalten". Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Untersuchungshäftlinge auf Grund der Dauer ihres Verfahrens auf freien Fuß gesetzt werden müssen. "Wir müssen den Rechtsstaat aufrecht erhalten", so der Sprecher des OLG.

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Quelle:
SZ vom 20.03.2020
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