Süddeutsche Zeitung

Münchner OB-Kandidat Reiter:Zehn Punkte für hundert Tage

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SPD-Kandidat Dieter Reiter stellt vor, was er als Münchner Oberbürgermeister zuerst anpacken möchte. Job-Anreize für Erzieher und Pfleger gehören ebenso dazu wie die Sanierung versiffter Schulen. Die CSU sieht darin nur einen Aufguss eigener Ideen.

Von Dominik Hutter

Job-Anreize für Erzieher und Pfleger, kurzfristige Sanierungsarbeiten in Schulen und ein forciertes Vorgehen gegen den Wohnungsleerstand: Mit diesen Versprechen für die ersten 100 Tage der neuen Amtszeit zieht der OB- Kandidat der SPD, Dieter Reiter, in den Wahlkampf. "Ich biete den Münchnern einen Vertrag an", erklärte der Wirtschaftsreferent am Freitag.

"Ich hoffe, dass sie ihn am 16. März gegenzeichnen." Damit die insgesamt zehn Punkte des Start-Konzepts auch umgesetzt werden, will Reiter in seinem Büro eine Kontrollinstanz einrichten, die den Stand der Dinge penibel dokumentiert. Ob alle Ideen umsetzbar sind, weiß der SPD-Politiker noch nicht. "Wir müssen auch einfach mal etwas ausprobieren", sagte er. "Es geht um drei Buchstaben: M-u-t."

Das Zehn-Punkte-Programm ist Reiter zufolge bewusst so angelegt, dass es auch in 100 Tagen abgearbeitet werden kann - eine stadtweite Wohnungsbauoffensive ist deshalb darin nicht enthalten. Das Thema Wohnen spielt dennoch in verschiedenen Ausprägungen eine Rolle. So will Reiter dem Mangel an Erziehern und Pflegern durch eine bessere Bezahlung oder alternativ mit Angeboten für eine günstige Wohnung begegnen.

Ein entsprechendes Konzept, von dem neben den sogenannten Mangelberufen auch Auszubildende profitieren, will der SPD-Politiker nach einem eventuellen Wahlsieg bei der Verwaltung in Auftrag geben. Zudem soll die Stadt einen Katalog städtischer Grundstücke zusammenstellen, die sich für Genossenschaftsbauten eignen. Reiter will damit einen Grundsatzbeschluss des Stadtrats mit Leben füllen: die verbilligte Abgabe städtischer Flächen an Genossenschaften - unter der Voraussetzung, dass dort bezahlbare Wohnungen entstehen.

Beim Leerstand städtischer Gebäude verspricht Reiter ein ebenso energisches wie systematisches Vorgehen. Die Leerstandsliste, die die Verwaltung in den vergangenen Wochen ausgearbeitet hat, müsse sorgfältig abgearbeitet werden. Ziel sei es, dass keine kommunale Wohnung länger als sechs Monate leer steht - ansonsten gelte es "unverzüglich" eine Zwischennutzung zu organisieren. Geht trotzdem nichts voran, erwartet Reiter eine plausible Begründung im Einzelfall. "Und zwar so, dass ich es selber nachvollziehen kann".

Bröckelnden Klassenzimmer und vergammelten Schultoiletten will der SPD-Mann mit einem Sanierungsprogramm zu Leibe rücken. Dazu sollen innerhalb der ersten 100 Tage die Elternbeiräte eingeladen werden, anschließend wird eine Prioritätenliste erstellt. Bis 2015 soll das Problem mit kleinen und mittelgroßen Macken in Schulräumen beseitigt sein.

In Sachen Volksnähe will sich Reiter am legendären Nachkriegs-OB Thomas Wimmer orientieren, der in persönlichen Bürgersprechstunden Kontakt mit den Münchner suchte. Dafür will Reiter in regelmäßigen Abständen rund 350 bis 400 Münchner in den Alten Rathaussaal einladen. "Jeder soll mir persönlich sagen können, wo der Schuh drückt", kündigt der SPD-Politiker an. Ähnliche Frage-und-Antwort-Runden soll es auch für die städtischen Beschäftigten geben. "Auf Augenhöhe", wie Reiter betont.

Möglicherweise wird das Bedürfnis nach solchen Gesprächen stark anwachsen. Denn Reiter strebt eine "Restrukturierung" der städtischen Verwaltung an. "Es wird Zeit, die Organisation kritisch zu hinterfragen", betont der Wirtschaftsreferent. Dabei sei auch zusätzliches Personal nicht tabu. Es sei "irgendwo logisch", dass nach dem intensiven Personalabbau der vergangenen Jahre manches "nicht mehr so toll funktioniert" - vor allem, weil gleichzeitig die Zahl der Aufgaben gewachsen sei.

Ob der Personalstand insgesamt anwächst, weiß Reiter noch nicht. Denn auf der anderen Seite könne sich auch herausstellen, dass in einigen Abteilungen effektiver gearbeitet werden könne oder dass manches ganz entbehrlich sei. Die Ziele seien mehr Transparenz und kürzere Bearbeitungszeiten. Ob bei einer Verwaltungsreform auch Referate zusammengelegt werden, will Reiter vom Ergebnis der Untersuchungen abhängig machen.

Um die Wirtschaft zu stärken, sollen Münchner Unternehmen bei Ausschreibungen begünstigt werden - falls dies juristisch möglich ist. Ein entsprechendes Gutachten steht ebenso im 100-Tage-Programm wie die Ausarbeitung einer "Road Map" für Familien, die Einführung eines Ausbildungstickets für den MVV sowie die Suche nach mehr Auftrittsmöglichkeiten für den musikalischen Nachwuchs.

Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle bezeichnete Reiters Programm als "Liste des Versagens für die 8760 Tage der bald gewesenen SPD-Stadtspitze". Für Reiters Konkurrenten Josef Schmid sind sie lediglich ein Aufguss dessen, was die CSU schon lange vorschlage.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2013
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