Süddeutsche Zeitung

Verspekuliert:Ein Riese geht pleite

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Der Medienunternehmer Leo Kirch verzockte sich mit Premiere

Von Caspar Busse

Lapidar und kurz fiel der Kommentar von Leo Kirch aus: "Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen", sagte der Katholik, als sein Medienkonzern in die Insolvenz ging. Es war der 8. April 2002, als im Haus der bayerischen Wirtschaft Insolvenzverwalter Michael Jaffé in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz die Welt über den Zusammenbruch informierte. Es war die größte Insolvenz der deutschen Nachkriegsgeschichte, und die spektakulärste dazu. Denn vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen von Kirch und seinem Vertrauten Dieter Hahn mit den Geldgebern, den Banken und den Mitinvestoren in seinen Firmen. Kirch hatte sich mit hochriskanten Geschäften verzockt, etwa mit dem Einstieg in die Formel Eins oder dem starken Ausbau des defizitären Abofernsehens. Nun versuchte er, mit kleinen und großen Tricks irgendwo neues Geld locker zu machen - doch vergeblich.

Am Ende ging die Mediengruppe mit insgesamt 10 000 Mitarbeitern in die Brüche. Doch verloren waren die Jobs nicht. Denn aus den Trümmern wuchs neues Leben. Die Fernsehgruppe ProSiebenSat1 ging erst an den amerikanischen Unternehmer Haim Saban, dann an Finanzinvestoren, heute ist sie ein gut laufendes Börsenunternehmen. Auch das Filmarchiv, die vielen Produktionsfirmen, Constantin Film, die Sportrechtefirma, selbst der Pay-TV -Sender Premiere, der heute Sky heißt und Rupert Murdoch gehört - sie alle überlebten und haben in den vergangenen Jahren das Geschäft sogar noch ausgebaut.

Sirius nannte Leo Kirch 1955 seine erste Firma. Der öffentlichkeitsscheue Mann, der 1926 in Würzburg als Sohn eines Nebenerwerbswinzers geboren wurde und 2011 in München starb, hatte eine geniale Geschäftsidee. Mit geliehenem Geld kaufte er die Rechte an Kinofilmen wie "La Strada" von Federico Fellini und gab diese dann weiter, vor allem an das gerade aufkommende Fernsehen. Kirch wurde Deutschlands größter Filmhändler, zeitweise stammte jeder zweite in Deutschland ausgestrahlte Film aus seinem Archiv. Dann investierte er in das Privatfernsehen, war Mitgründer von Sat1, schuf ProSieben, ging ins Bezahlfernsehen und in den Sportrechtehandel, stieg bei Axel Springer ein.

Am Ende wurde sein Reich zerschlagen. Leo Kirch und seine Pleite beschäftigen die Gerichte aber bis heute. Seine Erben gingen unter anderem gegen die Deutsche Bank vor und erstritten einen hohen Schadenersatz.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2015
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