Süddeutsche Zeitung

Untergiesing:Kleinkunst aus dem Hexenhäusl

Lesezeit: 2 min

Ehemaliger Obststand beim Kolumbusplatz soll als Gastronomie mit angeschlossener Bühne genutzt werden

Von Julian Raff, Untergiesing

An sich ist die Gegend zwischen Untergiesing und südlicher Au weder für üppiges Grün bekannt, noch für kulturelle Attraktionen, allerdings tut sich dort einiges an kreativen Nach- und Zwischennutzungen. Wenige Meter von der demnächst wiederbelebten ehemaligen Bushaltestelle am Kolumbusplatz, auf dem kleinen Grünspitz zwischen Pilgersheimer und Kupferhammerstraße, steht der charmante, wenn auch marode Holzbau eines früheren Obststandes. Schon Ende Juli/ Anfang August könnte er als fantasievoll gestaltetes "Hexenhäusl" mit Gastronomie und Kleinkunstbühne unter freiem Himmel eröffnen.

Hinter dem Projekt steht mit Julian Hahn ein junger, aber erfahrener Aktivist in Sachen Zwischennutzungen. Schon 2012 gründeten er und sein inzwischen als Kapitän der MS Utting bekannter Bruder Daniel den einschlägig tätigen Verein Wannda. Als wichtigste Referenz kann der 25-Jährige heute das Café "Gans am Wasser" im Westpark vorweisen, das er zusammen mit Florian Jund betreibt. Das Giesinger Holzhäusl und die umgebende Wiese hat er für fünf Jahre angemietet, ehe es wohl einem Neubauprojekt weichen wird. Zusammen mit Jund stellte er das Projekt, Arbeitstitel "Gans woanders" im Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching vor: Das Häusl wird hergerichtet, neu gestrichen und schließlich mit restaurierten Fundstücken aus Entrümpelungsaktionen dekoriert. Den Blickfang haben Hahn und Jund vor kurzem in Norddeutschland aufgetrieben: Eine alte Kutsche im Garten wird zugleich als Sitzgelegenheit und nostalgisch-romantisches Deko-Element dienen. Die verwunschene Atmosphäre komplett machen sollen betont windschiefe Gauben. Ganz und gar nicht rustikal planen Hahn und Jund hingegen bei der Technik. Die Gastronomie bekommt einen provisorischen Frisch- und Abwasseranschluss und damit eine Küche mit Spülmöglichkeit sowie einen Toilettenwagen. Kein Einweggeschirr also und kein chemieintensives Dixiklo. Dass auch das gastronomische Konzept mit Pommes vom Freisinger Biobauern, Kuchen aus einem ansässigen Café und Bio(Glüh)wein auf regionale Herkunft und Nachhaltigkeit baut, versteht sich fast von selbst.

Alkohol wird es aber wohl erst nach einer Anlaufphase geben, wahrscheinlich startet das Café aus organisatorischen Gründen erst mal ohne entsprechende Lizenz. Auch finanziell setzt Hahn auf Nachhaltigkeit: Das Projekt soll sich ohne Zuschüsse selbst finanzieren, was die Begeisterung im BA natürlich nur steigern konnte. Anwohnerbeschwerden, wie sie zuletzt eine Zwischennutzung an der Hebenstreitstraße hervorgerufen hatte, sehen Betreiber und Politiker hier als unwahrscheinlich. Hahn plant täglichen Betrieb, allerdings höchstens bis 22 Uhr. Außerdem will er das Grundstück mit einer Holzwand akustisch einigermaßen abschirmen - in beide Richtungen, schließlich flutet auf der Pilgersheimer Straße der Verkehr, während Dichter, Sänger, Impro-Schauspieler und andere Talente auf der Bühne stehen. Mit dem größeren Problem, dem Lärm der über die Brücke rauschenden Züge, wird man dagegen leben müssen, so Hahn.

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Quelle:
SZ vom 27.02.2018
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