Süddeutsche Zeitung

Unterbringung von Flüchtlingen:Schikanös und unwürdig

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In der Bayernkaserne müssen Flüchtlinge in einer Garage schlafen, in Markt Indersdorf in einer Tennishalle. Stockbetten montiert, Decken gegen die Zugluft verteilt - fertig. Wohnraum ist in München und Umgebung extrem knapp. Doch es gibt eine Idee, wie sich die Situation entschärfen ließe.

Ein Kommentar von Kassian Stroh

Ein paar Menschen gibt es hierzulande, die können sich freuen darüber, dass sich die Zahl der Asylbewerber binnen des nächsten Jahres verdoppeln oder gar verdreifachen dürfte. Das sind die Besitzer alter Dorfwirtshäuser, heruntergekommener Pensionen, ja sogar leerer Bürogebäude. Jedes Zimmer wird schließlich gebraucht in München und in seinem Umland, alles wird gemietet von den Behörden - zu garantiert überteuerten Preisen. Paradiesische Zeiten.

Es gibt aber noch viel mehr Menschen, die können sich darüber gar nicht freuen. Und das sind die Flüchtlinge. In der Münchner Bayernkaserne müssen viele schon in einer alten Garage schlafen, in Markt Indersdorf in einer maroden Tennishalle. Stockbetten montiert, Metallspinde aufgestellt, ein paar Decken verteilt gegen die Zugluft - fertig ist das Wohnquartier. Das ist schikanös und unwürdig. Sicher, Wohnraum ist in München und Umgebung extrem knapp. Das mag eine prekäre Unterbringung erklären, kann sie aber nicht entschuldigen.

Dummerweise ist keinem Kommunalpolitiker die Gabe der Zauberei zu eigen, um dieses Problem zu lösen. Doch es liegt eine Idee auf dem Tisch, wie es sich zumindest ein wenig entschärfen ließe. Bislang werden die Asylbewerber auf die Kommunen nach starren Schlüsseln verteilt, bemessen nach ihrer Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft.

Die starren Schlüssel funktionieren nicht mehr

Die oberbayerischen Landräte haben vorgeschlagen, diese Schlüssel für den Großraum München zu senken - zu Lasten anderer Landesteile. Die Debatte darüber wurde aber sofort abgewürgt. Sie ist ja auch heikel. Sehr leicht ließe sich sagen, die Münchner wollten ihr Problem, Quartiere zu finden, wie ein lästiges Wimmerl wegdrücken - und die Anwohnerproteste gleich mit.

Denn auch hier gibt es latente Ängste vor Fremden, die sich Rechtspopulisten und -extremisten gerade vor den Kommunalwahlen zunutze machen könnten. Doch nüchtern betrachtet ist die Unterbringung im Großraum München schwieriger und teurer als anderswo. Der Vorschlag hätte also eine sachliche Debatte verdient. Da wäre nun die Landespolitik am Zug.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2013
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