Süddeutsche Zeitung

Münchner Altstadt:Der FC Bayern baut um - nach historischem Vorbild

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Von Alfred Dürr

Die Überraschung war groß, als Mitte Januar bekannt wurde, dass zwischen Rathaus und Dom ein ganzer Block abgerissen werden sollte. Verschwinden werden damit die Traditionsgaststätte Andechser am Dom und das Geschäftshaus mit der Parfümerie Douglas an der Weinstraße. Das Staunen setzte sich fort, als man erfuhr, dass der FC Bayern in dem Neubau eine Erlebniswelt für die Fans und ein bayerisches Lokal plant. Und nun sorgt die ungewöhnliche Fassade für Furore. In der Stadtgestaltungskommission stieß das Konzept des Architekten Andreas Hild und seiner Kollegen auf Zustimmung.

Hild nimmt beim Design der Fronten Bezug auf die Vorgängerbauten. Ausgangspunkt ist die reich gegliederte Fassade des Hauses aus dem Jahr 1872. Der Architekt lässt sich nicht nur von der historischen Anordnung und Größe der Fenster inspirieren, sondern auch von der Ornamentik.

Die Fassade des Neubaus ist in der sogenannten Sgraffito-Technik gestaltet - einer speziellen Dekorationsmethode zur Bearbeitung von Wandflächen. In einem aufwendigen handwerklichen Verfahren werden die Ornamente in den Putz gekratzt. "Das Haus wird nicht einfach bemalt, es bekommt ein kleines Relief", sagt Architekt Andreas Hild.

Ungewöhnlich für München ist diese spezielle Technik nicht. Sgraffiti findet man zum Beispiel an prominenten Stellen in der Altstadt, etwa an der Fassade des Kaufhauses Beck am Marienplatz oder am Turm des Alten Rathauses. Hild: "In den Fünfzigerjahren hat man dieses Stilmittel oft angewandt, dann ist es etwas in Vergessenheit geraten."

Nun entdeckt man die alte Methode wieder für das neue Bauen. "Die Untersuchungen sind umfangreich und wir haben noch für einige Stellen an der Fassade keine Lösung gefunden", berichtet Hild. Aber sein Grundkonzept, das er der Stadtgestaltungskommission vorstellte, kam gut an.

Es braucht Engagement des Bauherren

Die Idee mit dem Sgraffito sei "akzeptabel", sagte der Chef des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Generalkonservator Mathias Pfeil. Jürg Sulzer, Architekt aus Zürich, begrüßte es, dass man sich bei dem Neubau auch mit der baulichen Vergangenheit an dieser Stelle auseinandersetzt und sie auf moderne Art interpretiere. Sein Kollege Christoph Sattler aus München sagte: "Ich bin glücklich über diese Entwicklung und den Versuch des Wiederfindens des Ornaments in der Architektur." Stadtrat Marian Offman (CSU) war ebenfalls begeistert. Der Entwurf sei "unglaublich bereichernd und positiv". Einstimmig brachte die Kommission schließlich zum Ausdruck, dass sie den Fassadenvorschlag für sehr gut hält. Allerdings will man sich an Musterfassaden noch gründlicher mit dem Thema auseinandersetzen.

Nicht Fronten aus Stahl und Glas, aber auch kein reiner Nachbau nach historischem Vorbild - der Neubau neben dem Rathaus wird einen außergewöhnlichen Akzent in der Altstadt setzen. Dafür brauche man aber auch das spezielle Wissen und Können einer Münchner Putzfirma, sagt Andreas Hild. Und nicht zuletzt das Engagement des Bauherrn. Dabei gehe es nicht nur um einen hohen finanziellen Aufwand, sondern auch um ein "kulturelles Interesse am Wiederentdecken traditioneller Techniken".

Die Nymphenburg Immobilien AG, die zum Vermögen des Milliardärs August von Finck gehört, will auf dem Grundstück Weinstraße 7 und Weinstraße 7 a ein sechsgeschossiges Geschäfts-, Büro- und Wohngebäude mit einer Gaststätte errichten. Das Projekt befindet sich im denkmalgeschützten Ensemble Altstadt.

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SZ vom 08.02.2018
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