Süddeutsche Zeitung

Hackathon an der TU München:Drei Tage, sieben Fragen

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Als großen Rätselmarathon könnte man die Aktion an der TUM bezeichnen: Studenten helfen Unternehmen beim Lösen von Problemen.

Von Pia Ratzesberger

Am meisten erzählt über eine Universität wahrscheinlich ihre Bibliothek. Die Ecken in den Buchseiten, die Notizen auf den Tischen. Reliquien von tausenden Studenten. Die Bibliothek in der Lichtenbergstraße 6 in Garching aber sieht anders aus. Man findet sie gleich hinter dem Eingang, auf der linken Seite. In den Schränken stehen keine Bücher, sondern Bohrmaschinen. Sensoren, Halbleiter, Drohnen, und vieles andere, was denkbar wenig mit Büchern zu tun hat. In diesem Haus wird aber ja auch nicht erforscht, was in der Vergangenheit passiert ist. Sondern vielmehr, was in der Zukunft passieren wird.

Das Haus gehört zur Unternehmer-TUM, dem Gründungszentrum der Technischen Universität München. An diesem Wochenende werden mutmaßlich noch einmal mehr Bohrmaschinen ausgeliehen als sonst, denn für drei Tage kommen hunderte Tüftlerinnen und Tüftler zu einem Hackathon zusammen, den man auch als Rätselmarathon bezeichnen könnte. An diesem Wochenende geschieht genau das, was die Gründerin der Unternehmer-TUM Susanne Klatten im Sinn hatte: Die Forschung und die Wirtschaft arbeiten gemeinsam an der Lösung von Problemen.

Sieben Unternehmen stellen also eine Aufgabe, beschreiben ein Problem. Sie müssen für die Teilnahme zahlen, erhoffen sich im Gegenzug neue Lösungen von außen. Da ist zum Beispiel ein Hersteller von sogenannten Wandfarbsprühpistolen, der festgestellt hat, dass es immer weniger Maler für seine Pistolen gibt und deshalb möchte er nicht mehr nur die herstellen, sondern auch das Malen übernehmen. Am liebsten automatisiert.

Da ist der Hersteller von Auspuffen, der ein neues Geschäftsmodell sucht, weil er seine Auspuffe gerne in andere Dinge einbauen möchte als alleine in Autos mit Verbrennungsmotor, die ja keine allzu glänzende Zukunft vor sich haben. Und da ist das Pharmaunternehmen, das gerne wissen würde, wie man Insulin auf der Welt fairer verteilen könnte, weil viele Menschen keinen Zugang zu dem Medikament hätten. "Wir hoffen, dass die Teams unser Geschäftsmodell komplett infrage stelle werden", sagt einer der Mitarbeiter.

Am Tisch nebenan arbeitet ein Student der Betriebswirtschaftslehre und Informatik bereits daran. Er hat seine Lösung mal eben auf ein großes Blatt Papier gezeichnet: ein Chip, eine App, ein Automat. An dem soll sich jeder Patient, der Insulin verschrieben bekommen hat, sein Medikament abholen können. Aber nur eine kleine Menge, um zu vermeiden, dass das Insulin am Ende am Schwarzmarkt landet. Deshalb auch der Chip, deshalb die App.

Um sich gegen die anderen Gruppen durchzusetzen, die über das gleiche Problem nachdenken, und vor allem auch noch gegen die anderen Teams mit anderen Aufgaben, wird es allerdings mehr brauchen als diesen Zettel. Das Ziel der Gruppe ist, dass sie schon in eineinhalb Tagen, am Sonntag, einen Automaten vorstellen können, und auch eine App.

Sie werden dafür aber erst noch zur "Hardware Library" gehen müssen. Vielleicht eine Bohrmaschine holen.

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Quelle:
SZ vom 07.09.2019 / Ratz
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