Süddeutsche Zeitung

Taufkirchen: Geldanlage in Iran:Renditen und Raketen

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Eine Million Euro hat die Gemeinde Taufkirchen bei der Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIHB) angelegt. Die EU will die EIHB auf die schwarze Liste setzen.

Stefan Mühleisen

Geld stinkt nicht" zählt zu den Lieblingsweisheiten von Bankern. Kaiser Vespasian hat mit diesem Satz einst achselzuckend den Reibach aus der Besteuerung öffentlicher Toiletten gerechtfertigt. "Pecunia non olet" - so lautet der Spruch im lateinischen Original - ist auch ein Lieblingssatz von Jörg Pötke, Bürgermeister von Taufkirchen. Er beschreibt damit die Entscheidung seines Kassenverwalters, drei Millionen Euro bei der Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIHB) als Festgeld anzulegen - bei einem Geldinstitut also, das jetzt auf der Sanktionsliste der EU landet und somit kaltgestellt wird. Die Bank soll Finanzströme für das iranische Atom- und Raketenprogramm abwickeln.

Derzeit lässt sich nicht abschätzen, wie viele bayerische Gemeinden das Geld ihrer Bürger bei der Hausbank der Islamischen Republik geparkt haben. Ein Rathausmitarbeiter in der Region, der anonym bleiben will, berichtet aber von weiteren Kommunen im Münchner Raum, die Millionenbeträge bei der EIHB angelegt haben. Das ließe auf bemerkenswerte Risikofreude schließen: Das US-Finanzministerium hat die Bank bereits vergangenen September auf eine schwarze Liste gesetzt.

Bürgermeister Pötke will den Deal mit der EIHB keineswegs als riskant bewerten. Schon gar nicht sieht er Parallelen zu den abenteuerlichen Finanzprodukten, so genannten Swap-Geschäften, auf die sich Städte und Gemeinden 2009 einließen - und viele Millionen Euro Steuergeld verloren. Pötke ist überzeugt: "Das Geld ist sicher angelegt. Es ist völlig in Ordnung gewesen, das Angebot mit dem höchsten Zinsertrag auszuwählen." Das sehen die Grünen im Gemeinderat anders. Die Fraktion kritisiert, die Gemeinde unterstütze mit Bürgergeld das iranische Nuklearprogramm. Der Bayerische Gemeindetag verweist unterdessen auf die kommunale Haushaltsverordung: Nach dem Gesetz stehe es Gemeinden frei, ihr Geld beim wirtschaftlich profitabelsten Anbieter anzulegen. Dennoch hätte Gemeindetags-Geschäftsführer Jürgen Busse kein gutes Gefühl, Bürgergeld in die Obhut der EIHB zu geben. "Ich würde nicht dazu raten", sagt er.

Rund eine Million Euro verwaltet die EIHB laut Pötke noch bis Juli für Taufkirchen. Die Gemeinde braucht wohl keine Angst zu haben, dass ihr Konto dauerhaft eingefroren wird. Die Bundesbank, zuständig für die Umsetzung der Sanktionen, wird Taufkirchen kaum der Komplizenschaft mit dem Regime in Iran überführen. Dennoch kann es dauern, bis die Gemeinde an ihr Geld herankommt. Dafür muss ein Antrag an die Bundesbank gestellt werden. Die Prüfung kann sich hinziehen: "Wir legen uns auf keinen Zeitrahmen fest", so ein Sprecher.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2011
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