Süddeutsche Zeitung

Tausch-Gesuch:"Suche München - biete Mainz"

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Unlängst hing ein einigermaßen abenteuerliches Gesuch an Laternenmasten: "Tausche Wohnung & Studienplatz". Unklar blieb, wie man bei einem solchen Tausch abschneiden würde.

Glosse von Anna Hoben

Sensationell viele Treffer ergibt eine Google-Suche zu "Einen Tag tauschen mit". Wenn man ein bisschen herumliest, mit wem die Leute so tauschen wollen, wird es schon weniger sensationell. Mit einem Fischer auf einer Südseeinsel, mit einer Pubbesitzerin in Irland oder mit einem Geparden in der namibischen Savanne will niemand tauschen. Stattdessen: Justin Bieber, Nico Rosberg, Barack Obama. Oder, besonders originell: "Mit meiner eigenen Frau, um zu sehen, wie toll es ist, mit mir zusammen zu sein."

In die Haut eines anderen schlüpfen, das fasziniert viele. Es ist Thema in der Literatur, in kitschigen Filmen und, mit einer Prise Sozialneid gewürzt, im Privatfernsehen ("Frauentausch", "Plötzlich arm, plötzlich reich"). Das gab es auch schon vor der heutigen Zeit, in der so ziemlich alles geteilt und getauscht wird: Autos, Lebensmittel, Kleider, Wohnungen.

In den Siebzigerjahren schockierten zwei Baseballprofis die Amerikaner mit der Mitteilung, sie hätten ihre Leben getauscht: Frauen, Kinder, Häuser, Haustiere. Der eine kam von den Los Angeles Dodgers zu den New York Yankees, die beiden freundeten sich an. Mit ihren Frauen gingen sie auf Doppeldates, und allmählich wurde ihnen klar, dass sie mit der falschen Person verheiratet waren.

Man müsste mal in München eine Umfrage machen, mit wem die Leute tauschen wollen. Die Antworten könnten recht homogen ausfallen: mit jemandem, der eine schöne, bezahlbare Altbauwohnung in Haidhausen hat, Fischgrätparkett und Balkon, bitte. Abenteuerlicher ist da ein Gesuch, das unlängst an Laternenmasten hing.

"Tausche Wohnung & Studienplatz" stand in Großbuchstaben darüber, und etwas kleiner darunter: "Studienplatztausch Medizin / suche München - biete Mainz". Geboten werde zusätzlich zum Platz an einer der "besten Medizin-Unis" auch ein modernes, zentrales und "äußerst bezahlbares" Apartment. Klang eigentlich unschlagbar. Unklar blieb allerdings, welche Lebensverpflichtungen und -übernahmen sonst noch damit einhergehen sollten (Freund oder Freundin, Freundeskreis, Haustiere) und wie man da bei einem Tausch abschneiden würde. Unter dem Gesuch waren trotzdem alle Zettel abgerissen.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2019
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