Süddeutsche Zeitung

Weilheim:Patient ersticht Ärztin in Krankenhaus

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Schock im Weilheimer Krankenhaus: Am Morgen sticht ein Mann eine Ärztin nieder. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes.

Heiner Effern

Ein 65 Jahre alter Mann hat am Donnerstagmorgen eine Ärztin im Weilheimer Krankenhaus getötet. Der Mann stach mit einem Messer auf die Brust seines 47 Jahre alten Opfers ein. Trotz einer sofortigen Notoperation erlag die Chirurgin ihren schweren Verletzungen. Ein Angestellter der Klinik überwältigte den Täter und hielt ihn bis zum Eintreffen der Polizei fest. Die Staatsanwaltschaft München II stellte beim Ermittlungsrichter Haftantrag wegen Mordes. Die Mitarbeiter des Krankenhauses reagierten geschockt und fassungslos auf die Bluttat.

Der Mann aus dem Landkreis Weilheim-Schongau war nicht stationär als Patient im Weilheimer Krankenhaus untergebracht; er war jedoch vor wenigen Tagen von der getöteten Ärztin untersucht worden. Die Polizei vermutet deshalb nach ersten Ermittlungen, dass "die Getötete gezielt angegriffen worden ist". Einen versuchten Amoklauf schließt die Polizei deshalb aus. Die Medizinerin hielt sich wohl zufällig in einem Gang des Krankenhauses auf, der direkt an den Eingangsbereich anschließt. Ihr Patient trat wortlos auf sie zu, zog ein Küchenmesser mit einer 15 Zentimeter langen Klinge und stach unvermittelt mehrmals zu.

Die Ärztin brach mit schwersten Brustverletzungen zusammen. Trotz einer sofortigen Versorgung und einer Notoperation konnten die Ärzte das Leben ihrer Kollegin nicht mehr retten. Der Täter wurde sofort überwältigt und leistete bis zum Eintreffen der Polizei keinen Widerstand.

Vor solchen Attacken von Einzeltätern könne sich eine öffentlich zugängliche Klinik nicht schützen, sagt Eduard Fuchshuber, Sprecher der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. "Wie will man verhindern, dass ein Patient oder ein Besucher eine Waffe mitbringt? Man kann doch am Eingang nicht jede Tasche durchsuchen." Der einzige Sicherheitsmechanismus fast aller Kliniken sei der Pförtner, mehr gebe es nicht.

Allerdings gibt es natürlich Bereiche in Krankenhäusern, in denen der Zutritt nicht jedem Besucher erlaubt und möglich ist. Bestimmte Abteilungen, die besonders keimfrei gehalten werden müssen wie Operationssäle, sind oft nur mit Chip- oder Berechtigungskarten zu betreten. Manche Häuser verfügen auch über polizeilich geschützte Sicherheitstrakte wie zum Beispiel die Forensik, in der Straftäter untergebracht sind. Auch in psychiatrischen Kliniken gibt es verschärfte Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen.

In den öffentlich zugänglichen Bereichen sehen aber auch Großkrankenhäuser wie die Münchner Uni-kliniken keine Chance, ihr Personal vor aggressiven Besuchern zu schützen. Man beschäftige zwar einen Sicherheitsdienst, der aber nie Einzelpersonen vor Attacken schützen könne, sagte ein Sprecher. "Ein solcher Vorfall kann in einer Fußgängerzone genauso passieren wie in einem Krankenhaus." Der Sicherheitsdienst kontrolliere Tag und Nacht das Gelände, überprüfe Türen und Schlösser und überprüfe auch Personen auf dem Areal. Technische Sicherungsvorkehrungen gebe es in den Unikliniken aber nicht. Auch eine technische Überwachung etwa mit Videokameras sei "rechtlich schwierig".

Wenn ein Patient oder Besucher Gewalt anwenden will, bleibt nur der persönliche Einsatz des Personals. Im Krankenhaus Agatharied (Kreis Miesbach) bemerkte vor einiger Zeit ein Arzt, dass ein Mann ein Gewehr in einem Schlafsack versteckt einschmuggeln wollte. Seine Taschen waren voller Munition, mehrere Angestellte konnten ihn überwältigen. "Gott sei Dank passiert so etwas aber extrem selten", sagt Eduard Fuchshuber.

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Quelle:
SZ vom 04.03.2011
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