Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Starnberg:Frau beißt Polizisten ins Bein

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Eine 54-Jährige attackierte betrunken Beamte. Dafür wurde sie nun zu einer Geldstrafe verurteilt.

Von Christian Deussing, Tutzing

Mit einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt, Widerstand gegen Polizisten, Körperverletzung und Beleidigungen einer 54-jährigen Autofahrerin hat sich am Dienstag das Amtsgericht Starnberg befasst. Die Angeklagte war nach einem abendlichen Streit in einem Tutzinger Lokal vor acht Monaten in eine Polizeikontrolle geraten. Doch laut Anklage weigerte sie sich vehement, sich nach ihrem Alkotest von 1,65 Promille in einer Klinik einer Blutentnahme zu unterziehen. Die kräftige Frau, die vor ihrer Geschlechtsumwandlung als Mann gelebt hatte, wurde von vier Polizisten gebändigt und gefesselt zum Krankenhaus gebracht. Danach stemmte sie sich im Streifenwagen mit beiden Beinen gegen den Rücksitz und musste herausgezogen werden. Am Ende wurde die wehrhafte Autofahrerin zur Blutentnahme am Boden fixiert. Dabei biss sie der Anklage zufolge einem Beamten in den Unterschenkel und beleidigte die Polizisten mit unflätigen Ausdrücken. Den Polizeieinsatz soll die Frau mit "Nazi-Methoden" verglichen haben.

Die geständige Angestellte wurde nun zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 60 Euro - insgesamt also 9000 Euro - verurteilt. Die Führerscheinsperre verlängerte das Gericht zudem um weitere sechs Monate. Der Staatsanwalt sowie Richterin Ulrike Steyer hielten der Frau aber zugute, bei den Vorfällen nicht absolut steuerungsfähig und somit vermindert schuldfähig gewesen zu sein. Im Prozess erklärte die Angeklagte, dass sie sich im Lokal und bei der Polizeikontrolle in einer "Trigger-Stresssituation" befunden und sich wegen einer Traumatisierung hilflos ausgeliefert gefühlt habe. "Ich hatte Angst, wieder körperliche Gewalt zu verspüren", sagte die Frau, die in der Verhandlung sehr angespannt wirkte. In einer vorgelesenen Stellungnahme verwies eine Psychiaterin auf den Leidensdruck und emotionalen Stress ihrer Klientin. Dabei könne auch "aggressives Verhalten in einer übermäßigen Schrecksituation auftreten", hieß es in der Expertise.

Die Autofahrerin, die strafrechtlich bislang nicht aufgefallen war, entschuldigte sich bei dem Polizisten für Bissattacke und Beleidigungen. Der Beamte akzeptierte die Entschuldigung, betonte aber, dass man der aggressiven Frau bei der Kontrolle mehrfach erklärt habe, warum die Blutentnahme angeordnet worden sei. Doch sie habe es nicht verstanden und mit geballten Fäusten gedroht, ohne sich beruhigen zu lassen. Das sei auf die "posttraumatische Belastungsstörung" seiner Mandantin zurückzuführen gewesen, erklärte der Verteidiger, der in der Verhandlung vergeblich auf eine mildere Geldstrafe plädiert hatte.

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