Süddeutsche Zeitung

Neues Quartier in Stockdorf:Laborräume und ein Restaurant mit Würmblick

Lesezeit: 3 min

Der Architektenwettbewerb für das ehemalige Firmengelände von Stanz-Schmidt ist entschieden. Die Ergebnisse werden im Gautinger Rathaus und im Stockdorfer Bürgertreff öffentlich ausgestellt.

Von Michael Berzl, Gauting

An einem schlichten Holzzaun und einem dunklen Schuppen geht es vorbei über einen großzügigen Vorplatz zur alten Stanzerei. Das Werksgebäude ist nur zwei Etagen hoch, so wie auch die meisten anderen Häuschen, die auf das Grundstück mitten in Stockdorf verteilt sind. Ein paar Holzschuppen gibt es noch, eine kleine Autowerkstatt, in einer gemütlichen, halb zugewachsenen Ecke steht ein Biertisch mit Bänken - insgesamt ein Kuddelmuddel mit Charme und viel Freiraum. Das wird sich gründlich ändern.

Zur Gautinger Straße hin ist eine Reihe Neubauten mit bis zu fünf Geschossen geplant. Darin sind vor allem Gewerbeflächen und Wohnungen vorgesehen, außerdem ein Restaurant mit Blick auf die Würm, ein Kindergarten mit drei Gruppen sowie eine Tiefgarage für 300 Autos. Auch ein Grundstück auf der anderen Seite der Würm soll bebaut werden. So sehen das Entwürfe von Berliner Architekten vor, die bei einem Wettbewerb gewonnen haben. Ihr Vorschlag dient nun als Grundlage für die weiteren Diskussionen. Die Arbeiten aller Wettbewerbsteilnehmer sind bereits im Gautinger Rathaus ausgestellt.

Nach dem Neubau der Webasto-Firmenzentrale an der Stockdorfer Ortsdurchfahrt folgt nun also nur ein Stück weiter der nächste deutliche Akzent für das Ortsbild. Es geht um Grundstücke in attraktiver Lage beidseits der Würm, die komplett neu gestaltet werden sollen. Der gesamte Umgriff umfasst etwas mehr als 3,3 Hektar; das ist schon fast die Größenordnung des ebenfalls neu geplanten "Moosaik"-Quartiers auf dem bisherigen Gewerbegebiet im Starnberger Norden. Allerdings wird in Stockdorf nur ein Teil davon bebaut. Um Vorschläge zu bekommen, haben die Grundstückseigentümerinnen in Abstimmung mit der Gemeinde Büros aus ganz Deutschland zu einem Wettbewerb eingeladen und allein hierfür 245 000 Euro in Preisgelder investiert.

"Der Gemeinde war es wichtig, dass dort Gewerbe bleibt, dass die Leute dort zum Essen gehen, dass insgesamt der Ort belebt ist", sagte die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger bei der Vorstellung der Wettbewerbsergebnisse im Rathaus. Ein "tolles Ergebnis" erbrachte der Wettbewerb nach den Worten von Andreas Hitzler, Geschäftsführer und Sprecher der Santini GmbH, die das Gelände entwickelt. In dieser Gesellschaft sind die beiden Erbinnen des Grundstücks organisiert. Im Namen des Preisgerichts sagte die Vorsitzende Stefanie Seeholzer, dass die Gemeinde damit "eine sehr gute Grundlage hat".

Die Jury hatte ihre Entscheidung bereits am vergangenen Donnerstag getroffen und das Büro MLA+ aus Berlin zum Sieger gekürt. Dessen Entwurf sieht allein auf dem bisherigen Firmengelände sechs große Neubauten vor. Insbesondere zur Ortsdurchfahrt hin entsteht nach diesen Vorstellungen eine dichte Bebauung mit bis zu fünf Stockwerken, allein für Gewerbe ist eine Gesamtfläche von 12 500 Quadratmetern vorgesehen.

Die Santini GmbH würde diese Flächen gerne als Büros oder Laborräume vermieten und hofft auf Interessenten aus Branchen wie der Biotechnologie oder der Softwareentwicklung. Bisher gibt es aber noch keine Mieter. Wie es in der Auslobung des Wettbewerbs heißt, sollen auf dem Grundstück außerdem insgesamt 20 Wohnungen in unterschiedlichen Größen - von der 55 Quadratmeter großen Zwei-Zimmer-Wohnung bis zur Fünf-Zimmer-Wohnung mit 105 Quadratmetern - entstehen. Ein Teil davon mit Sozialbindung, also Wohnraum, der vergleichsweise günstig angeboten wird. Durch das Gelände sollen öffentliche Wege führen.

Exklusiver und teurer wird es demnach auf der anderen Seite der Würm: Das etwa 1,6 Hektar große Grundstück, das für die Öffentlichkeit bisher versperrt war, ist sogar alteingesessenen Stockdorfern völlig unbekannt. Dort sehen die Berliner Architekten zwei Wohnhäuser mit vier Etagen und jeweils fünf Wohnungen in Größen von 120 bis 240 Quadratmetern vor. Das werden teure Immobilien, wie auch Santini-Sprecher Hitzler einräumt. Dabei sind dort nicht einmal Gärten vorgesehen und kein einziger Stellplatz für Autos.

Die Anordnung der Baukörper gehe sensibel mit dem erhaltenswerten Gehölzbestand und den Hochwasserschutzbereichen um, heißt es in der Erläuterung der Jury. Auch der Verzicht auf Stellplätze wird darin positiv vermerkt: Das "erhöht die Qualität des Ortes für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Naherholung".

Eine Bürgerinitiative macht gegen die Bebauung westlich der Würm mobil

Und dennoch ist kein anderer Bestandteil der umfangreichen Planung so umstritten wie dieser: Schließlich ginge ein bisher verstecktes Idyll in seiner jetzigen Unberührtheit verloren, argumentieren die Kritiker. Eine Bürgerinitiative macht daher gegen die Bebauung westlich der Würm mobil. Nachbarn, die ganz in der Nähe der bisher eingezäunten Grünfläche wohnen, haben etwas mehr als tausend Unterschriften gesammelt und übergaben sie in der vergangenen Woche an Bürgermeisterin Kössinger. Sie setzen sich für den Erhalt der "Würm-Aue" ein und sprechen sich "gegen ein geplantes Baurecht im Biotop" aus. Dort habe sich über viele Jahre "ein reges Leben an Tieren und Pflanzen entwickelt, das zur allgemeinen Klimaverbesserung beiträgt".

Bisher gibt es dort noch kein Baurecht, die Gemeinde müsste es erst noch schaffen. Und somit sind noch einige kontroverse Debatten über das Thema zu erwarten. Wer sich für die Zukunft der zentral gelegenen Flächen in Stockdorf interessiert, kann sich in den kommenden Wochen die Entwürfe dafür anschauen. Am Samstag, 14. Oktober, soll es dann in der Stockdorfer Grundschule eine öffentliche Informationsveranstaltung geben. Das kündigte Bürgermeisterin Kössinger nach der Bekanntgabe der Wettbewerbssieger an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6086211
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.