Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Elektroboot-Besitzer können aufatmen

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Der verheerende Brand einer Yacht ist durch Manipulationen an der Elektrik verursacht worden, nicht durch Pfusch des Herstellers, urteilt das Oberlandesgericht.

Von Christian Deussing, Starnberg/München

Die Brandursache bei einer Elektroyacht beim Aufladen vor sechs Jahren an der Starnberger Nepomukbrücke ist juristisch aufgeklärt: Demnach hat ein überhitzter Akku-Block das Inferno durch "unsachgemäße Manipulationen an einem Schutzschalter" ausgelöst. Auf einen Produktions- oder Konstruktionsfehler des Bootes sei der Brand nicht zurückzuführen, befand am Mittwoch das Oberlandesgericht (OLG) in München. Es wies damit die Berufung der klagenden Yacht-Versicherungen zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts München II vom vorigen Jahr in dem Zivilprozess, bei dem die Kläger 205 000 Euro vom Bootshersteller zurückgefordert hatten.

In erster Instanz berief sich der Richter auf das Gutachten eines Sachverständigen, der den "unsachgemäßen Eingriff in die Elektronik" nachgewiesen hatte. Er konnte keine Fabrikationsfehler erkennen. Dagegen ist bis heute nicht aufgeklärt, wer laienhaft die Abschaltbox mit Draht und Tesafilm abgeklemmt hatte und somit der Sicherungsschalter deaktiviert worden war, wie es der Gutachter herausgefunden hat.

Mit großer Erleichterung reagiert der betroffene Bootshersteller aus Österreich auf das Urteil in der Berufungsinstanz - zumal der 7. OLG-Senat auch keine Revision zuließ. Diese Entscheidung sei für seinen kleine Betrieb "sehr wichtig", sagte Ion Marian, Inhaber der Bootswerft, die zur Verantwortung gezogen wurde. Seit dem Brandfall habe er viele Kunden verloren und die Nachfrage nach diesem Bootstyp Laguna 760 (mit 70 Kilowatt Leistung) sei eingebrochen. Derzeit schippern etwa 65 dieses Marian-Elektrobootstyps auf dem Starnberger See und etliche davon auch auf dem Ammersee. "Die Eigner können jetzt endgültig beruhigt sein", betont Bootsbauer Marian. Der lange Rechtsstreit sei für ihn äußerst belastend gewesen, weil die Gegenseite einen "enormen Druck ausgeübt" habe, sagte der 52-jährigen Firmenchef im Gespräch mit der SZ.

Die Kläger warfen dem Hersteller des luxuriösen Elektrobootes vor, gegen DIN-Normen und Vorgaben der Sportbootverordnung verstoßen zu haben. Überdies betonten sie, dass nach dem Kauf des Schiffes an dessen Elektrik keineswegs Manipulationen erfolgt seien. Der von den Versicherungen beauftragte Gutachter verwies in dem Verfahren darauf, dass die elektrotechnische Installation im Antriebsraum, die Kabelführung und die Lithiumpolymer-Akkumulatoren fehlerhaft eingebaut gewesen seien. Zudem habe sich zwischen durchgescheuerten Kabeln ein Lichtbogen gebildet, wofür Schadensbilder und die Lage des Brandherdes gesprochen hätten. Vor allem seien aber die verwendeten Akkumulatoren in dem Boot nicht tauglich gewesen. Doch auch das Oberlandesgericht folgte jetzt diesem Gegengutachten der Versicherungen nicht.

Deren Rechtsanwalt Benjamin Grimme aus Hamburg zeigt sich von dem jetzigen Urteil überrascht. Er sagte auf Anfrage, dass man "sehr intensiv die Entscheidungsgründe prüfen" werde - zum Beispiel, ob die Rolle eines zweiten Sicherungsschalters an Land im Prozess genügend berücksichtigt wurde. Eine Chance haben die Kläger noch, wenn sie vor dem Bundesgerichtshof Beschwerde wegen der nicht zugelassenen Revision einlegen.

Der Eigner des ausgebrannten Elektrobootes, das zuletzt laut Gericht etwa 69 000 Euro wert gewesen war, stammt aus dem Frankfurter Raum. Das Schiff konnte erst nach eineinhalb Stunden gelöscht werden, die Feuerwehr musste das 6,50 Meter lange Wrack zum Kranbecken der Rambeck-Werft schleppen und die völlig überhitzten Batterieakkus fluten. Verletzt wurde bei dem Brand im August 2012 niemand, bei dem es zu Verpuffungen gekommen war. Bootshersteller und -verkäufer raten übrigens, regelmäßig Akkus, Ladekabel und Elektronik der Boote zu überprüfen.

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SZ vom 06.09.2018
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