Süddeutsche Zeitung

Seeanbindung Starnberg:Widerstand am Wendegleis

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Der neu gegründete Verein "Lebenswertes Starnberg für alle" will an Starnbergs wichtigstem städtebaulichen Projekt mitwirken, wendet sich aber gegen ein geplantes Abstell- und Wendegleis.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Gibt es ein Finanzierungskonzept zum Umbau der Gleisanlagen im Bereich des Starnberger Bahnhofs am See? Haben die Verantwortlichen eine Kostendeckelung für die Stadt vereinbart? Wie sieht das Betriebskonzept für das geplante Wendegleis aus? Und wer muss für Abstellgleis und zusätzlichen Lärmschutz zahlen? Die neue Vertragsvereinbarung zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Stadt Starnberg lässt nach Meinung betroffener Anwohner im Bereich des geplanten Wendegleises viele Fragen offen. Sie sind beunruhigt und haben sich nun zu einer Art Schicksalsgemeinschaft zusammengeschlossen: Der neu gegründete Verein "Lebenswertes Starnberg für alle" hat das Ziel, am Starnberger Zukunftsprojekt "Seeanbindung" mitzuwirken und eine "übergebührliche Verschuldung" der Stadt zu verhindern.

Zur inoffiziellen Gründungsveranstaltung am Montag waren knapp 60 Betroffene in die Gaststätte des Münchener Yacht-Clubs gekommen. Die neue Initiative sehe sich nicht als Gegner oder Feind der Stadt, betonte Michael Pfunder, der durch den Abend führte: "Wir sind keine Wutbürger, wir sind friedliche Menschen." Man wolle vielmehr konstruktiv am Planungsprozess mitwirken. Als erster Schritt wurden Fragen und Anträge formuliert, die auf der Bürgerversammlung am Donnerstag, 23. März, in der Schlossberghalle vorgetragen werden sollen.

Pfunder zufolge hatten die Bürger auf einer ersten Informationsveranstaltung der Stadt am 1. März teilweise widersprüchliche Auskünfte auf ihre Fragen bekommen, teilweise seien diese abgewiegelt worden. Die Betroffenen seien tief verunsichert, weil ihre Fragen mit dem Hinweis, man habe mit der Bahn Stillschweigen vereinbart, unbeantwortet geblieben seien. Verärgerte Besucher warfen der Stadt daraufhin vereinzelt bei der Vereinsgründung am Montagabend zwar "Konzeptlosigkeit", "Tohuwabohu" und "irrsinnige Geldausgabe" vor, insgesamt aber verlief die Diskussion ruhig und sachlich. Für die Umsetzung des geplanten Abstell- und Wendegleises am südlichen Ortsrand sollen Grundstückskäufe erforderlich sein. Doch weder existiere bislang ein Zeitplan, noch sei geklärt, ob es zu Enteignungen kommen könne. Eine Grundbesitzerin erklärte, die Stadt sei bereits auf sie zugekommen und habe eine Teilfläche erwerben wollen. "Ich gebe aber nichts her", betonte sie - und erntete dafür Beifall.

Die Anwohner befürchten Beeinträchtigungen durch Lärm- und Lichtemissionen

Das Wendegleis ist im Bereich zwischen Oberfeld, Oberer Seeweg und Oskar-von-Miller-Straße geplant. Die Anwohner befürchten zusätzliche Beeinträchtigungen durch Lärm- und Lichtemissionen. Den Besuchern zufolge gab es bislang zum Lärmschutz nur unzureichende Auskünfte. Im Gespräch sei zwar eine Einhausung im Wendegleisbereich, hieß es. "Doch es redet keiner davon, dass das noch zusätzlich 30 Millionen Euro kosten soll und wer das bezahlt", monierte ein Besucher. Einige Fragen beantwortete Iris Ziebart als Gast vom Verein "Schöner zum See": Aktuell befindet sich das Wende- und Abstellgleis vor dem Bahnhof-See. Es soll abgebaut werden, die Bahnanlagen wären auf drei Gleise reduziert. Doch diese Verschlankung der Fläche bewirke nur eine marginale Verkürzung der Unterführung, monierte Ziebart.

Die Besucher waren sich darin einig, dass die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Sie bezweifelten, ob sich dafür eine Neuverschuldung der Stadt in Höhe von 100 Millionen Euro rentiere, um die veranschlagten 177 Millionen Euro für die Seeanbindung finanzieren zu können. Befürchtet wird auch, dass nahezu alle wichtigen Investitionen für Schule oder Infrastruktur über Jahrzehnte lahmgelegt würden. Unisono plädierten die Besucher dafür, das bestehende Wendegleis am Bahnhof See zu belassen. Zudem glauben sie, dass es günstiger sei, wenn die Stadt die frei gewordenen Grundstücke erwirbt, anstatt die Kosten für eine Gleisverlegung zu übernehmen.

Weitere Infos zum Verein "Lebenswertes Starnberg für alle" gibt der Vorsitzende Heinz-Peter Kappelmeyer per E-Mail unter der Adresse kappelmeyer1@gmx.de .

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