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Starnberg:Die Zweitwohnungssteuer kommt

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Weil die Kassen der Kreisstadt leer sind, will der Stadtrat die Abgabe einführen. Wie viele Starnberger davon betroffen und wie hoch die Einnahmen wären, ist noch unklar. Die Rede ist von 350 000 Euro.

Von Peter Haacke, Starnberg

Eine steuerliche Abgabe für Zweitwohnungen ist nicht besonders beliebt - insbesondere bei jenen, die davon betroffen sind. Einige Gemeinden im Landkreis Starnberg verlangen dennoch schon seit Jahren eine Zweitwohnungssteuer und haben nach anfänglichem Ärger gute Erfahrungen damit gemacht: Zusätzliche Einnahmen entlasten den Etat und beteiligen alle Einwohner an den Infrastrukturkosten. In Starnberg nahm man davon bislang Abstand. Zu groß sei der Aufwand, zu gering die Einnahmen, hieß es stets. Das dürfte sich bald ändern. Der Stadtrat beauftragte am Montag einen Satzungsentwurf zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer, die zunächst auf drei Jahre befristet ist. Die Verwaltung erwartet jährliche Mehreinnahmen in Höhe von rund 350 000 Euro.

Starnbergs Kassen sind leer, und so debattierte der Haupt- und Finanzausschuss im Oktober erstmals wieder über die Zweitwohnungssteuer, die zuletzt in den Jahren 2006 und 2011 abgelehnt worden war. Doch anders als in den Vorjahren ist die Kreisstadt angesichts finanzieller Schieflage und vieler ehrgeiziger Projekte mehr denn je auf Einnahmen angewiesen - auch wenn sie voraussichtlich nur im mittleren sechsstelligen Bereich liegen. Im Stadtrat ergab sich eine kontrovers geführte Debatte, die aber mangels konkreter Zahlen vor allem spekulativ blieb.

Die Verwaltung hatte in den vergangenen Monaten zunächst ihr Melderegister auf aktuellen Stand gebracht. Nach Befragung von insgesamt 974 mit Zweitwohnsitz in Starnberg gemeldeten Personen verblieben noch 691, davon 95 Personen zwischen 18 und 24 Jahre, die in der Regel - so die Annahme - über ein eher geringes Einkommen verfügen. In ihren weiteren Überlegungen stützte sich die Verwaltung auf Durchschnittswerte der Gemeinden Feldafing, Herrsching, Inning, Tutzing und Wörthsee aus, in denen bereits eine Zweitwohnungssteuer erhoben wird.

Als Steuermaßstab legte die Verwaltung eine Jahresnettokaltmiete von acht bis zwölf Prozent zugrunde. In Gemeinden mit Top-Lagen - etwa Füssen oder Bad Wiessee - werden 20 Prozent verlangt. Der Anteil jener, die Zweitwohnungssteuer entrichten, liegt im Landkreis zwischen 0,7 und 2,7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Betroffene zahlen - je nach Einkommen - zwischen 686 und 1528 Euro pro Jahr. Setzt man für Starnberg mit seinen 23 500 Einwohnern rechnerisch eine Quote von zwei Prozent an, die Zweitwohnungssteuer zu entrichten hätten, käme man auf 470 Zahlungspflichtige, die durchschnittlich 750 Euro jährlich zahlen dürften - macht in Summe rund 350 000 Euro.

Über die Folgen der geplanten Steuer entbrannte eine leidenschaftlich Debatte. Allen voran WPS, BMS und FDP lehnen sie vehement ab: Die vorgelegten Zahlen seien nicht belastbar und basierten auf Mutmaßungen, hieß es, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch. Die SPD hielt dagegen: Die Steuer wäre Immobilien-Eigentümern zumutbar, die 85 Prozent ausmachten, argumentierte Tim Weidner, und könne Haus- oder Wohnungsleerstand verringern. Otto Gaßner (UWG) warf die Frage nach "Reaktionsmöglichkeiten und Steuervermeidungsstrategien" der Betroffenen auf, zumal eine doppelte Haushaltsführung auch steuerliche Vorteile haben kann.

Auf die Stadtverwaltung kommt nun viel Arbeit zu. Abgesehen von der Datenerhebung dürfte die Einführungsphase auch durch "Unmut von Zweitwohnungsinhabern" geprägt sein, heißt es in der Vorlage. Erforderlich sei auch Unterstützung von Meldeamt und Bauamt. Zusätzlich soll eine halbe Stelle geschaffen werden. Erst in der zweiten Phase, wenn die "Reife für den laufenden Betrieb erreicht ist", könnten Widersprüche mit Verweis auf bestehende Urteile behandelt werden. Überdies sei wegen anhaltender Fluktuation Kontrolle notwendig. Der Stadtrat wird sich nach Vorlage des Entwurfs mit den Feinheiten befassen. Die Zweitwohnungssteuer soll dann ab 2022 gelten.

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SZ vom 24.03.2021
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