Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Hunde töten immer mehr Rehe

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Von Astrid Becker, Starnberg

Es ist eine stolze Zahl, die Kreisjäger Hartwig Görtler bei der Hegeschau präsentieren kann: 729 Wildschweine haben die Jäger im vergangenen Jahr erlegt. Und es ist eine Zahl, die recht eindrucksvoll belegt, wie gut die hiesigen Jäger die oftmals erheblichen Schaden anrichtende Wildart mittlerweile im Griff haben.

Erstaunen und Betroffenheit unter den vielen Besuchern an diesem Tag in Geisenbrunn löst jedoch eine andere Information aus: 117 Rehe sollen 2015 von freilaufenden Hunden gerissen und damit gewildert worden sein. Und dabei handele es sich nur um die gemeldeten Fälle, wie Görtler sagt: "Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher liegen."

In der Jägerschaft ist dieses Problem nicht neu. Auch in den vergangenen Jahren war es eine Art offenes Geheimnis, dass Jagdbesitzer und -pächter in ihren Revieren immer wieder von Hunden gerissene Rehe entdeckten - und zwar von Jahr zu Jahr mehr. "Die Zahl der Fälle steigt proportional mit dem Wachstum der Gemeinden", sagt Görtler, der der Kreisgruppe Starnberg im Bayerischen Jagdverband vorsteht.

Doch öffentlich gemacht wurden diese Zahlen bislang nicht. Offenbar fürchtete man Auseinandersetzungen mit Hundeliebhabern und vermeintlichen Tierschützern. Vermeintlich, weil es auch dem Kreisjäger um den Schutz des Wildes im Wald geht. Und daher will Görtler bei diesem Thema nicht mehr schweigen. Er nennt die jetzt vorliegenden Zahlen "dramatisch" - zumal zu keiner Zeit alle Fälle wirklich gemeldet worden sind.

Dass nun eine größere Bereitschaft dazu besteht, führt er auf die Wolfssichtung im nördlichen Landkreis vom März zurück. Offenbar vermuteten viele der Melder, er sei für das gerissene Wild verantwortlich. Doch für Görtler steht fest: "Die Bissspuren an den toten Rehen verweisen eindeutig nicht auf einen Wolf, sondern stammen von Hunden." Der Wolf wurde im übrigen im Kreis nicht mehr gesehen, er scheint längst weitergezogen zu sein.

Auch von Rissen durch einen Wolf ist bislang in der Gegend keine Rede. Dafür aber beispielsweise von einem bereits gesichteten frei laufenden Hund der Rasse Alaska-Malamute, der in den Wäldern Machtlfings herum stromert und dort bis zu acht Rehe gerissen haben soll. Görtler kennt das Thema mit den von Hunden gewilderten Rehen aus eigener Erfahrung aus seinem Revier in Emmering im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck: "Von 70 Rehen, die ich hätte abschießen dürfen, wurden zwölf von einem Hund gerissen." Das ist zweifelsohne viel.

Dennoch sieht er keinen Sinn darin, Gesetze zu verschärfen und etwa einen Leinenzwang im Wald einzuführen. Bislang besteht eine Leinenpflicht nur dann, wenn der Hund "nicht abrufbar" ist, wie es im Bürokratendeutsch heißt. Das Betreten landwirtschaftlicher Flächen wie Wiesen oder Felder ist aber verboten - für Menschen wie für Hunde. "Es macht aber keinen Sinn, Gesetze zu erlassen, die niemand kontrollieren kann", sagt Görtler. Er appelliert daher lieber an das Verständnis des Hundehalters für das Zusammenspiel von Mensch, Hund und Natur: "Es würde helfen, wenn sich Hundehalter darüber untereinander aufklärten."

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SZ vom 25.04.2016
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