Süddeutsche Zeitung

Unwetter:So flutete das Pfingsthochwasser vor 20 Jahren das Fünfseenland

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Brücken und Bahndämme wurden zerstört. Millionenschäden waren die Folge.

"Land unter!" hieß es am Pfingstwochenende 1999 im Fünfseenland. Der Landkreis Starnberg ertrank wie weite Teile Bayerns in sintflutartigen Regenfällen. An Pfingstsamstag, 22. Mai, kletterten die Pegel dramatisch. In der Nacht stieg das Wasser im Starnberger See um gewaltige 15 Zentimeter. In der Wassersportsiedlung in Starnberg musste der Strom abgestellt und eine Notversorgung eingerichtet werden. In der Kreisstadt gab es allein am Freitagabend 62 Einsätze; Keller und Straßen standen unter Wasser. Das Hochwasser zerstörte Brücken wie die über den Maisinger Bach. Im Tutzinger Ortsteil Traubing wurde Großalarm ausgelöst. Hier versuchten Mitglieder von acht Freiwilligen Feuerwehren den über die Ufer getretenen Dorfbach mit Sandsäcken unter Kontrolle zu halten.

Besonders kritisch war die Situation am Ammersee. Der erreichte mit 338 Zentimetern am Samstag den historischen Höchststand. Sämtliche Ammerbrücken waren gesperrt. Zwischen Weilheim und Dießen riss das Hochwasser an drei Stellen den Bahndamm weg. In Herrsching musste die Schindlbeck-Klinik mit Barrieren gesichert werden. In Finning evakuierten Rettungskräfte die Häuser entlang der Windach.

Auch in der Würm floß so viel Wasser wie seit Jahrzehnten nicht. Um größere Überschwemmungen in Stockdorf zu verhindern, wurde im Grubmühler Feld der Uferdamm aufgebrochen, so dass sich in einer Flutmulde inmitten von Wiesen ein etwa 300 Meter langer See bildete.

Für den Landkreis Weilheim-Schongau wurde in der Nacht zum Samstag Katastrophenalarm ausgelöst, ebenso für den Landkreis Starnberg, was das Landratsamt aber geheim hielt - "um keine Gaffer anzulocken", wie der damalige Kreisbrandrat Josef Loder später erklärte. 2500 Helfer von Feuerwehren, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz kämpften an Pfingsten gegen die Fluten und waren im Dauereinsatz. Was sie teilweise erleben mussten, entsetzte den Kreisbrandrat. Während Menschen um ihre Häuser bangten und Millionenschäden entstanden, nutzten Mountainbiker in Stegen den von 215 Helfern errichteten Schutzwall aus Sandsäcken als Parcours. Ausflügler tranken hinter Sandsäcken ihr Bier und beobachteten das Steigen des Wassers. In Herrsching, so Loder damals fassungslos, durchbrachen Neugierige die Absperrungen und gaben bei Aufforderungen Antworten wie diese: "Sie haben mir nichts zu sagen."

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SZ vom 22.05.2019 / manu
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