Süddeutsche Zeitung

Landkreis Starnberg:Herrschinger Klinikpläne stoppen Geothermie-Projekt

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Geschäftsführer Josef Birner muss sich nach einem anderen Standort für sein Vorhaben umschauen, weil ihm der Landkreis mit den Plänen für einen Krankenhausneubau in der Nachbarschaft in die Quere gekommen ist.

Von Michael Berzl, Herrsching

Zuerst Standort für ein neues Gymnasium, jetzt für ein neues Krankenhaus: Eine Wiese am Rand von Herrsching war schon für unterschiedliche Nutzungen im Gespräch, auch für eine Geothermie-Anlage. Doch daraus wird auf dem Grundstück an der Seefelder Straße nun wohl nichts mehr. Josef und Sophie Birner, denen dort eine knapp 4000 Quadratmeter große Fläche gehört und die große Pläne mit der Nutzung von Erdwärme haben, suchen jedenfalls nach einem neuen Standort in einem Streifen zwischen Ammersee und Starnberger See. Deshalb komme es zu Verzögerungen bei der Umsetzung ihres Projekts.

Ende Oktober war bekannt geworden, dass der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) schon recht konkrete Grundstücksverhandlungen führt. Dabei geht es um eine Fläche von 8000 Quadratmetern. Zusammen mit weiteren 18 000 Quadratmetern im Eigentum der Gemeinde Herrsching würde das ausreichen für den Bau einer neuen Klinik für den westlichen Landkreis. Den Birners gehören dort knapp 4000 Quadratmeter. Dem Bau eines Geothermiekraftwerks habe das Landratsamt bereits vor zehn Jahren per Vorbescheid zugestimmt, erklärt Sophie Birner, die für ihren als Geschäftsführer fungierenden Vater Josef Birner die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt.

Die aktuellen Klinik-Pläne kämen zwar dem Geothermie-Projekt in die Quere, gescheitert sei es damit aber nicht, betont sie. Der 65-jährige Josef Birner will aus heißem Thermalwasser zunächst Strom für 9000 Haushalte und Wärme für 1500 Haushalte gewinnen. Seit bald einem Jahr hat der Verfahrenstechniker, der bei Agfa, Bayer und BASF gearbeitet hat und jetzt Ferienwohnungen vermietet, eine bergrechtliche Genehmigung des bayerischen Wirtschaftsministeriums.

Das schon im Jahr 2005 erstmals gesicherte Feldrecht der Geothermie Ammersee zur Aufsuchung von Erdwärme umfasst nach seinen Angaben mehrere Tausend Quadratmeter. Untersuchungen zeigten, dass sich ein Bereich, den die Geologen "Münchner Verwurf" nennen, gut für die Nutzung von Wärme aus der Tiefe eignen würde. Die Standortsuche erstrecke sich auf ein Gebiet auf der Achse zwischen Herrsching, Frieding, Andechs, Unering, Hadorf und Starnberg. Tiefengeothermie sei ein privilegiertes Bauvorhaben und dürfe daher auch auf landwirtschaftlichem Grund, auf Waldflächen und Arealen im Außenbereich realisiert werden. Für die Planung und Ausführung würde am Anfang eine Fläche in der Größe von einem Hektar notwendig; das sind 10 000 Quadratmeter.

Die 4000 Quadratmeter an der Seefelder Straße, die direkt an das Firmengelände von Heine Optik angrenzen, reichen also nicht aus. Und die Nachbargrundstücke will der Landkreis. Mit Landrat Frey gab es Verhandlungen. Sophie Birner könnte sich sogar eine Kooperation vorstellen, indem Wärme, Kälte und Strom aus der Tiefe an das Krankenhaus geliefert wird. "Wir sehen hier ein großes Potenzial", meint sie. Dem Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum habe sie vorgeschlagen, die C0₂-freie Energieversorgung für ein Krankenhaus mit in die Standortwahl aufzunehmen.

Trotz aller Hindernisse ist das Interesse an dem Projekt nach Angaben der Birners groß. Es gebe "eine Vielzahl an Interessensbekundungen", nicht nur im Landkreis, sondern etwa auch aus Frankreich, den USA und weiteren Ländern. Das Crowdfunding zur Finanzierung, das eigentlich schon beginnen sollte, musste wegen der neuen Planungen für das Gelände am Ortsrand gestoppt werden. Dabei habe "Ammersee Geothermie" bereits eine "hohe Summe" investiert, über die genaue Höhe dieser Ausgaben werde aktuell aber keine Auskunft gegeben.

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SZ vom 09.11.2021
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