Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Betteln verbieten verboten

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Die Gewerbereferenten wollten "explizit das stille Betteln" untersagen. Dafür sieht die Verwaltung jedoch keine Handhabe.

Von Linus Freymark, Starnberg

Das Fazit von Kathrin Spielbauer ist eindeutig. Gemeinsam mit ihren Kollegen hat die Mitarbeiterin der Starnberger Stadtverwaltung geprüft, ob es eine rechtliche Grundlage für einen im Oktober eingereichten Antrag der Gewerbereferenten gibt. Darin hatten Anke Henniger (FDP), Stefan Kandler (BMS) und Rudolf Zirngibl (CSU) gefordert, das Betteln und dabei auch "explizit das stille Betteln" zu verbieten. Spielbauer erteilte dem Ansinnen der Gewerbereferenten, nach Münchner Vorbild eine lokal begrenzte Allgemeinverfügung in der Starnberger Innenstadt zu erlassen, eine deutliche Absage.

Das Betteln könne man "in der Form nicht verbieten", erklärte Spielbauer am Montagabend im Stadtrat. Zwar schränkte sie ein, dass es anders als in München keine schwerpunktmäßigen Kontrollen in diesem Kontext gegeben habe. Allerdings habe die Polizei seit 2012 lediglich neun "Vorfälle mit dem Kennwort betteln" erfasst, so Spielbauer weiter. Zudem seien "keine aggressiven Betteleien bekannt". Kurzum: Die Gegebenheiten in Starnberg - hier gibt es deutlich weniger Bettler als in München - rechtfertigen den gravierenden Eingriff in die individuelle Freiheit von Bettelnden, den ein Verbot mit sich bringen würde, nicht.

Henniger gab sich damit nur bedingt zufrieden. "Mich wundert das ein bisschen", sagte sie mit Blick auf die in ihren Augen sehr niedrige Zahl von polizeilich erfassten Vorfällen. Sie selbst werde des Öfteren von Bettelnden angesprochen. Aus Gesprächen mit der City- Initiative, einem Zusammenschluss aus Händlern in der Innenstadt, habe sie die Erkenntnis gezogen: Dies würde "die Starnberger Geschäftswelt" stören, die sich ein klares politisches Zeichen und ein schärferes Vorgehen der Sicherheitskräfte wünsche.

Der Bürgermeister spricht von einer "gefühlten Dunkelziffer"

Marc Fiedler pflichtete seiner Parteikollegin Henniger bei und forderte eine härtere Gangart gegenüber aggressiven und organisierten Bettlern. Diese Einigkeit innerhalb der FDP im Stadtrat ist durchaus bemerkenswert, die gemeinsame Fraktion der beiden ist im vergangenen Jahr im Streit zerbrochen. Fiedler monierte, die offiziellen Zahlen seien "leider etwas sehr fehlerbehaftet". Ihm gehe es nicht um ein Verbot des stillen Bettelns, vielmehr müsse man gegen aggressive und organisierte Bettelei vorgehen. Denn in Starnberg werde in so gut wie allen Fällen von organisierten Banden gebettelt. "Wir müssen irgendwas vorantreiben", forderte Fiedler.

Bürgermeister Patrick Janik (UWG, BLS, CSU, SPD) erklärte, aufgrund der von der Verwaltung angeführten Verhältnisse sei eine Allgemeinverfügung wie in München rechtswidrig. Dem müsse man sich fügen. Eine "gefühlte Dunkelziffer hilft uns da nicht weiter", sagte Janik. Der Rathauschef stellte klar, dass aggressives Betteln - darunter fällt etwa das Ansprechen oder Bedrängen von Passanten - bereits einen Straftatbestand darstelle und deshalb durch eine zusätzliche Verordnung "nicht verbotener" werde. "Das ist ein politisches Signal ohne Mehrwert", sagte er.

Janik plädierte für den Vorschlag der Verwaltung, mit Polizei und Ordnungsdienst ein Konzept zu erarbeiten, um gezielter Platzverweise aussprechen zu können, sofern sich Bettelnde nicht an die geltenden Bestimmungen halten. Dem schloss sich der Stadtrat einstimmig an.

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