Süddeutsche Zeitung

Traditionelle Wirtshäuser:Edelstahl statt Gusseisen

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Vor 100 Jahren eine der feinsten Adressen am Starnberger See, wird der Gasthof "Zum Fischmeister" in Possenhofen nach aufwendiger Sanierung im Herbst wiedereröffnet

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Possenhofen

Wo früher ein wunderschön verzierter Gusseisenherd als Herzstück der Großküche im ehemaligen Gasthof "Zum Fischmeister" in Possenhofen stand, funkelt und blitzt heute supermodernes Edelstahl. Erst vor wenigen Tagen wurde die Küche eingebaut, unterteilt in Spülküche, warme Küche und kalte Küche. Durch ein Industriefenster können die Gäste später einmal die Köche bei der Arbeit beobachten. Bei der hoch technisierten Profiküche lässt sich unschwer erkennen, dass die Wiedereröffnung des Gasthofs "Zum Fischmeister" schon in wenigen Wochen bevorsteht. Die beiden Gasträume indes wirken noch wie ein Rohbau. Die Wände werden gerade verputzt. Die denkmalgeschützte Wandverkleidung und die Bänke sind noch beim Restaurator. Die Bretter des Dielenbodens wurden herausgenommen und nummeriert. Nach der Reparatur sollen sie wieder eingebaut werden. Im Eingangsbereich und im Treppenhaus wartet ebenfalls noch viel Arbeit auf die etwa 30 Handwerksbetriebe, die mit den Sanierungsarbeiten beauftragt worden sind. Überall wird gesägt, gehämmert und gebohrt. Auch die neue Platzgestaltung vor dem Anwesen lässt noch auf sich warten. Die Gemeinde, die dafür eine Städtebauförderung in Höhe von insgesamt 465 100 Euro erhält, hat jedoch zugesagt, dass die Bauarbeiten bis zur geplanten Eröffnung des Gasthofs im Oktober abgeschlossen sein werden.

Der Traditionsgasthof mit Hotel gehörte vor etwa 100 Jahren zu den feinsten Adressen am Starnberger See und war insbesondere bei den Engländern sehr beliebt. Bis in die 1970er Jahre wurde das Anwesen von dem Wirte-Ehepaar Philippine und Karl Schauer betrieben. Als Philippine Schauer das Gasthaus aus Altersgründen aufgab, lag es jahrzehntelang im Dornröschenschlaf. Später übereignete sie das etwa 7000 Quadratmeter große Areal der Gemeinde Pöcking mit der Auflage, dass das Anwesen, zu dem auch ein Mehrfamilienhaus sowie Hütten gehören, in denen nach dem Zweiten Weltkrieg Flüchtlinge untergebracht waren, erhalten werden muss. Die Gemeinde hat das Gasthaus in exponierter Lage mit Blick auf das Schloss Possenhofen 2019 der Investorengemeinschaft Manuel Kindervater und Florian Huber in Erbbaurecht übergeben. Seit November vergangenen Jahres wird das Gebäude generalsaniert. Eigentlich wollten die Investoren das Gasthaus schon in den Sommermonaten eröffnen. Nun haben sich die Arbeiten jedoch als aufwendiger herausgestellt, als sie zunächst dachten. "Es ist eine Herausforderung, ein denkmalgeschütztes Gebäude mit der Technik zu verheiraten", erklärt Kindervater die Problematik.

Er hat Erfahrung mit denkmalgeschützten Gebäuden. In der Firma seines Vaters hat er beispielsweise an der Sanierung des Bernrieder Bahnhofs oder des Rentamtes in Wolfratshausen mitgewirkt. Der Gasthof in Possenhofen war allerdings bislang seine größte Herausforderung. Alleine für einen Restaurantbetrieb gelten laut Kindervater hohe Auflagen, und diese seien nur schwer mit dem Denkmalschutz vereinbar. Sein "Alptraumzimmer" ist ein Raum im Dachgeschoss. Es sei ursprünglich als Büro geplant gewesen. Jetzt ist darin die komplizierte Technik untergebracht, beispielsweise die Lüftung für die Küche, die die Luft alle zwei Minuten komplett austauscht. Im Keller gibt es ebenfalls Technikräume. Neben der Heizung steht dort auch die Zapfanlage, an der die Bierfässer angeschlossen sind.

Das Landesamt für Denkmalschutz habe in keinem Punkt ein Auge zugedrückt, selbst die kleinsten Details seien vorgegeben worden, betont Kindervater und nennt einige Beispiele: Obwohl der Gasthof gelb gestrichen war, musste die ursprüngliche weiße Farbe wiederhergestellt werden. Die in den vergangenen Jahren eingebauten, intakten Fenster mussten herausgerissen und durch Nachbauten ersetzt werden. Das alleine habe einen sechsstelligen Betrag gekostet. Nun warten die beiden Investoren darauf, dass der ausgebesserte Schriftzug "Zum Fischmeister" von der Behörde abgenommen wird. Ob sie überhaupt Zuschüsse aus der Denkmalförderung bekommen, sei noch ungewiss.

Die ehemaligen Hotelzimmer in den oberen Stockwerken wurden zu Büros und Mitarbeiterräumen umgebaut. Das größere, 120 Quadratmeter große Büro, ist bereits vermietet, für eine weitere Bürofläche gebe es großes Interesse, sagen die Investoren. Auch die Dienstwohnung mit einer 200 Quadratmeter großen Dachterrasse sowie einer Außentreppe mit separatem Eingang ist fast fertig. Hier wird die Pächterfamilie Verena und Christoph Ziesel mit ihren Kindern einziehen und kann den Blick zum Schloss und im Winter über den See genießen.

Die ganze Sanierung sei ein sehr großer Aufwand gewesen, der tägliche Telefonate erfordert habe. "Wir machen das ja neben unserer normalen Arbeit", betont Florian Huber. Zu den voraussichtlichen Gesamtkosten wollen sich die Investoren nicht äußern. Nur so viel verrät Kindervater: "Eine goldene Nase verdienen wir uns nicht."

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SZ vom 31.08.2020
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