Süddeutsche Zeitung

Firmenporträt Dr. Hönle AG:Damit in den Klassenzimmern die Luft sauber bleibt

Lesezeit: 4 min

Trotz hoher Corona-Infektionszahlen fallen immer mehr Verordnungen, in Klassenräumen, Kindergärten und Büros wird es dadurch nicht sicherer. Die Dr. Hönle AG in Gilching sieht die Lösung im Einsatz von Luftfilteranlagen mit ultraviolettem Licht.

Von Lisa Bögl, Gilching

In vielen Klassenräumen oder Büros gelten Luftreinigungsgeräte als wahre Heilsbringer gegen die Corona-Pandemie, obwohl sie keineswegs eine Neuheit sind. Vor allem in den Wintermonaten gewährleisten sie die Minimierung von Keimen und verhindern so, dass die Fenster stundenlang offenstehen oder Decken in den Klassenzimmern verteilt werden müssen. Das Problem dabei: Häufig sind die Geräte so laut, dass sie entweder heruntergeregelt oder komplett ausgeschaltet werden. Dies sei keine sinnvolle Nutzung der Fördergelder der bayerischen Regierung, die Schulen für den Kauf der Luftreinigungsgeräte erhalten haben, findet Heiko Runge, Vorstandsmitglied der Dr. Hönle AG. Die in Gilching ansässige Firma setzt auf eine besondere Technik zur Luftreinigung: Entkeimung durch ultraviolettes Licht (UVC).

In den weltweiten Standorten der Hönle AG arbeiten rund 650 Menschen, das Unternehmen ist auf Expansionskurs. Die meisten Mitarbeiter sind in Deutschland tätig. Die Firma hat sich mit ihren Tochterunternehmen auf UV-Technologie spezialisiert. Vor der Pandemie reichten die Geschäftsfelder über die Aushärtung von UV-Lacken, Farben sowie der eigenen Herstellung von Klebern. Die Kleber, die unter UV-Strahlung aushärten, werden zum Beispiel für die Produktion von Smartphones verwendet, da sie besonders schnell trocknen. Dazu beschäftigte sie sich mit der Oberflächen-, Wasser- und Luftentkeimung. Das spezielle Quarzglas innerhalb der UV-Lampen stellt die AG mit ihrer Tochterfirma Raesch Quarz ebenfalls selbst in Deutschland her. Mit Corona rückte dann auch die Luftentkeimung durch UVC-Strahlung in den Fokus.

In weniger als einer Sekunde tötet UVC-Strahlung den Großteil der Keime

Luftreinigung mit UVC-Strahlung bietet einige Vorteile: In weniger als einer Sekunde wird ein Großteil der Keime abgetötet. Eingesetzt wird diese bewährte Methode bereits in Fleisch- oder Molkereibetrieben, um zu gewährleisten, dass Verpackungen keimfrei sind. Auch in anderen Bereichen der Lebensmittelverpackung, aber auch zur Abwasser- und Trinkwasserbehandlung oder zur Desinfektion in Krankenhäusern, kommt die UVC-Entkeimung zum Einsatz. Allgemein bekannt sind die ultravioletten Strahlen beispielsweise vom Zahnarzt. Im Vergleich dazu haben Anlagen mit klassischen Luftfiltern einen entscheidenden Nachteil: Die Filter trennen die Viren zwar aus der Luft, halten sie aber im Inneren fest. Dort können sie sich - je nach Virusart - noch über Stunden oder sogar Tage vermehren. Der ein- bis zweimal jährlich fällige Austausch der Filter muss daher von Fachleuten mit spezieller Schutzausrüstung durchgeführt werden. Das erhöht die Wartungskosten, die bei Anlagen mit UVC-Technologie geringer ausfallen: Hier müssen nur alle acht bis zehn Jahre die Lampen getauscht werden, welche um die 1000 Euro kosten. Zwar sind die Anschaffungskosten der UVC-Reinigungsgeräte mit circa 3000 Euro für das größte Gerät etwas höher, aktuell werden diese in Bayern jedoch noch von der Regierung gefördert. Zusätzlich stellt die Dr. Hönle AG die Geräte Schulen zu Sonderkonditionen zur Verfügung. Es sei wichtig, auch hier langfristig zu planen, sagt Heiko Runge: "Wenn jetzt auch an die Zukunft gedacht wird und man technisch vorbereitet ist, können mögliche folgende Pandemien oder Corona im Herbst nicht mehr solch gravierenden Ausmaße nehmen."

Bei der UVC-Entkeimung wird Luft in die Geräte angesaugt, bestrahlt und dann wieder ausgestoßen. Die UVC-Strahlung dringt tief in die Zellen ein und zerstört dabei deren Erbgut. Die Viren können sich so nicht mehr vermehren. Nach heutigem Kenntnisstand funktioniert diese Methode für alle Keime. Obwohl die Technik bereits seit vielen Jahrzehnten eingesetzt wird, sind bislang noch keine resistenten Keime entdeckt worden, die diese Prozedur überstehen. Die Methode gilt somit als zukunftsfähig, denn es gäbe keinen Gewohnheitseffekt, erklärt Runge. Gleichwohl könne kein Luftreiniger jemals die Ansteckungsgefahr auf null Prozent senken: Hustet oder niest etwa ein Infizierter mit wenig Abstand zu einem gesunden Menschen, bringe auch entkeimte Luft keine Besserung. Trotzdem scheint die Technik zu wirken: Bei der Dr. Hönle AG gab es seit Beginn der Pandemie keine Verbreitung des Virus am Arbeitsplatz, denn alle Besprechungsräume und Büros sind mit den Luftfiltern ausgestattet. Dank der Geräte muss in den Besprechungsräumen auch keine Maske getragen werden.

Die extrem geräuscharmen Filtergeräte sollen die Ansteckungsgefahr erheblich vermindern

In Schulen können die Luftreiniger mit UVC-Technik ebenfalls hilfreich sein. Sie sind bereits bei mehreren Schulen im Landkreis im Einsatz, so beispielsweise im Christoph-Probst-Gymnasium Gilching und der Fünfseen-Schule Starnberg. "Ein Superspreader bringt um die 100000 Viren in die Raumluft", weiß Diplom‐Ingenieur Runge, "durch die Filtergeräte minimiert sich dies auf zehn bis ein Prozent." Die Ansteckungsgefahr würde sich dadurch erheblich verringern. Weiterer Vorteil: Die Geräte sind extrem leise. Bei der kleinen Variante ist nicht einmal zu hören, ob sie gerade läuft oder nicht. Allerdings gibt es auch Kritik an der Technik. Sie resultiert zumeist aus Angst vor der UV-Strahlung und austretendem Ozon. Hier sei auch die Politik oft voreingenommen, meint Runge. Die Kritik träfe allerdings eher auf Geräte von Billigherstellern zu. Die Dr. Hönle AG nutzt in ihren UVC-Luftreinigern ausschließlich hochwertiges Quarzglas, das von einer eigenen Tochterfirma hergestellt wird. Die Qualität entscheidender Bauteile verhindere überdies, dass Ozon austritt. Auch vor austretender Strahlung müsse man keine Angst haben. Das habe auch eine unabhängige Testung der Geräte durch das Karlsruhe Institute of Technology bestätigt.

Der sinnvolle Einsatz von Luftreinigern könne auch der Wirtschaft nutzen, erklärt Runge. Zum einen würden sich dadurch weniger Kinder in den Schulen - und damit auch weniger Eltern - anstecken. Zum anderen könnten Schließungen von Geschäften, Schulen und Universitäten verhindert werden. Trotz hoher Inzidenzen sei eine ausreichende Sicherheit gewährleistet. Auch mehr Präsenzlehre sei dadurch möglich. Bayern sei bei der finanziellen Förderung zur Anschaffung von Luftfilteranlagen im Vergleich zu den anderen Bundesländern Vorreiter gewesen, allerdings wünsche man sich von der Politik auch eine größere Technologieoffenheit. Denn eines sollte allen klar sein: Die Corona-Pandemie kann noch nicht abgehakt werden.

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