Süddeutsche Zeitung

FDP stürzt in Hochburg ab:Sprachlos in Starnberg

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Im Landkreis der Wohlhabenden regierte einst der einzige FDP-Landrat der Bundesrepublik. Und jetzt: der Absturz in der früheren Hochburg Starnberg. Liegt es an Martin Zeil? Der zumindest begann irgendwann, manchen Menschen auf die Nerven zu gehen.

Von Wolfgang Prochaska

Es war eine innige Beziehung, welche die FDP mit den Starnbergern verband. Im Landkreis der Wohlhabenden und vielen Reichen regierte bis 1996 der einzige FDP-Landrat der Bundesrepublik. Zu seinem Geburtstag reiste stets Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher an und am Starnberger See fuhren die Liberalen in schöner Regelmäßigkeit Wahlergebnisse ein, die selbst die SPD neidisch machten. Noch vor fünf Jahren, bei der vergangenen Landtagswahl, waren es durchweg 20 Prozent bei den Zweitstimmen, etwa in Starnberg oder in Berg. Fast 16 Prozent schafften die Liberalen beim Gesamtergebnis. Und jetzt: der Absturz. Neun Prozent. Was bayernweit hervorragend wäre, aber eben nicht in der FDP-Hochburg Starnberg. Und das mit einem Spitzenkandidaten, der Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident ist.

Martin Zeil, der seit gut zwei Jahren eine Art Dauerwahlkampf im Fünfseenland machte, hat am Sonntag schlechter abgeschnitten als seine damals völlig unbekannte Vorgängerin Renate Will. Die Dimension dieses Absturzes wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass Will aus Ebersberg kommt und Zeil aus Gauting, also aus der zweitgrößten Gemeinde des Landkreises Starnberg. Dort schaffte er bei den Erststimmen immerhin 15 Prozent, ein Ergebnis, das Will in fast jeder zweiten Gemeinde vorweisen konnte. Was ist da passiert?

Die Kreisvorsitzende Sigrid Friedl-Lausenmeyer findet keine Erklärung. Das Ehrenmitglied des Starnberger Kreisverbandes, Rainer Hange, seit 43 Jahren in der FDP, ist ebenfalls ratlos. Es sei halt der Trend gewesen. Höhere Mächte sozusagen. Es kann aber auch sein, dass zum Trend gegen die FDP auch ein Trend gegen Zeil hinzukam. Der Mann, der öffentlich von sich sagte, dass er kein Berufspolitiker sei, war bei vielen Unternehmen zwischen Starnberger See und Ammersee zwar ein gern gesehener Gast, aber so richtig ernst nehmen wollten ihn nicht alle Firmenchefs. Es konnte sogar passieren, dass eine Unternehmensfeier bewusst ohne ihn über die Bühne gehen sollte. Der eigentlich als jovial geltende Zeil begann irgendwann, manchen Menschen auf die Nerven zu gehen. Etwa, wenn er sich, wie beim Besuch des damals neuen Bundespräsidenten Joachim Gauck geschehen, beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen selber einlud. Es war einfach zu viel. Dass die FDP in den vergangenen zwei Wochen noch mehr Plakate von ihm kleben ließ, machte die Sache nicht besser, sondern beförderte den Trend - gegen ihn.

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Quelle:
SZ vom 17.09.2013
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