Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Weßlings Impressionist

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Der frühere Verleger Gottfried Weber zeigt in seiner Ausstellung im Pfarrstadel Aquarelle, die auf Reisen nach Italien, Südtirol oder Island entstanden sind, und stimmungsvolle Ansichten seines Heimatorts

Von Katja Sebald, Weßling

Gottfried Weber muss nicht weit gehen, um seinen kleinen Malertisch aufzustellen und mit Pinsel und Farbe seine Natureindrücke aufs Papier zu bannen: Seine schönsten Motive findet der passionierte Hobbymaler in seinem Heimatort Weßling und rund um den kleinen See. Allerdings, so scheint es, malt er beinahe überall und bei jedem Wetter, auf Reisen, bei Ausflügen und nach Fotos. "Dahoam und anderswo" hat er seine Ausstellung mit 80 Aquarellen überschrieben, die noch bis zum 1. Oktober im Weßlinger Pfarrstadel zu sehen ist. Zwanzig Prozent des Verkaufserlöses sollen an den SZ-Adventskalender gehen.

Weber wurde 1937 in München geboren. Als gelernter Schriftsetzer wechselte er bald ins Verlagswesen und arbeitete als Buchhersteller. Viele Jahre war er überdies als Layouter, Zeitschriftengestalter, Verleger und Autor tätig. Seit 1990 lebt er in Weßling, seit 2001 besuchte er zahlreiche Malkurse und Kunst-Seminare. Jetzt im Ruhestand findet er noch mehr Zeit für seine Hobbys, zu denen neben dem Malen ganz offensichtlich auch das Reisen gehört. Er ist Mitglied der Malgruppe "Palette" und zeigt seine Aquarelle immer wieder in Einzel- und Gruppenausstellungen.

Seine Eindrücke sammelt der Maler beim Wandern in Südtirol, am Gardasee, in der Toskana, in Venedig oder einfach am Münchner Hauptbahnhof, auf einer lang ersehnten Reise nach Island, an der Nordsee, am Bodensee, am Chiemsee, an der Isar, am Ammersee, in den Dörfern rund um Weßling - oder eben einfach vor der Haustür, im blühenden eigenen Garten. Weber ist ein ausgesprochen versierter Aquarellist, der es versteht, die Farben auf dem Papier malen zu lassen. Dazu bedarf es einer gewissen Großzügigkeit, denn diese Technik erlaubt keine nachträglichen Korrekturen oder Übermalungen. Weber ist ein Impressionist im allerbesten Sinne, der sich für Naturstimmungen, für das Spiel des Lichts im Laub der Bäume oder auf dem Wasser interessiert. Gekonnt setzt er auch den weißen Bildgrund ein, sodass seine Landschaftsszenen wie durchleuchtet wirken. Als Grafiker versteht er es außerdem, seine Motive effektvoll zu inszenieren und das Auge des Betrachters zu führen.

Weber ist aber auch ein liebevoller Chronist, wenn er etwa verlassene Bauernhöfe in den Südtiroler Bergen abbildet oder historische Fotografien von Weßling um 1900 detailgenau und doch stimmungsvoll in feinen Sepiatönen umsetzt: der Uferweg mit den nostalgisch anmutenden Ruderbooten, der Blick über den See mit der alten Pfarrkirche, das schmale Sträßlein mit der Grünsinker Kapelle oder die kaum breitere Hauptstraße mit dem Gasthof Post. Wie Weber selbst in einem zur Ausstellung ausliegenden Katalog berichtet, arbeitet er nicht immer in der Natur, sondern zunehmend auch im Atelier. Dann dienen ihm Skizzen und Fotos, die er an Ort und Stelle gemacht hat, als Ausgangspunkt für größerer Bilder. Am reizvollsten freilich sind wie so oft bei der Aquarelltechnik die Blätter, die ganz offensichtlich draußen und mit einer gewissen Spontaneität und Flüchtigkeit entstanden sind. Und bei Weber sind es nicht die strahlenden Farben des Sommers, die ihn auszeichnen, sondern insbesondere die "Schlechtwetterbilder", die an verhangenen, dunstigen Tagen oder im herbstlichen Nebel entstanden sind. Gerade die verregneten Stadtansichten oder die im Sturm gepeitschten Bäume geraten ihm besonders atmosphärisch. Oder gar die Wintermotive: das abgeerntete Stoppelfeld oder die schneebedeckten Hausdächer vor dem wintergrauen Himmel. Zart und ungemein stimmungsvoll ist auch die kleine Bleistiftzeichnung "Schneefall". Und zu den schönsten Blättern unter diesen vielen schönen Blättern gehört ganz unbestritten das mit dem Titel "Vertrauter Standort": Es zeigt das baumbestandene Ufer des Weßlinger Sees, so wie man es vom Spazierengehen kennt.

Die Ausstellung "Dahoam und anderswo" im Pfarrstadel Weßling ist noch bis zum 1. Oktober am Donnerstag und am Freitag von 15 bis 18 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2017
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