Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Aus für "Bäcker dahoam": Mitarbeiter schockiert

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Firmeninhaber Stephan Meier hat seinen Beschäftigten offenbar sehr kurzfristig gekündigt. Die Gewerkschaft spricht von "Sauerei".

Von Christian Deussing und Wolfgang Prochaska, Starnberg

Die Tage für die Croissant-Statue vor der Zentrale des Traditionsbäckers Meier sind gezählt. Am 2. April wird der Betrieb mit seinen 19 Filialen in der Region geschlossen. Doch die meisten der etwa 80 Mitarbeiter haben offenbar sehr kurzfristig von ihrer Kündigung erfahren.

"Ich habe erst am Montag einen Brief bekommen und bin total geschockt", sagt eine langjährige Verkäuferin enttäuscht. Eine Kollegin ist sauer: "Wir sind von der Entscheidung völlig überrascht worden, jetzt muss ich mich arbeitslos melden." Die Bäckermeisterei Meier, die mit dem Logo "Freude am Genuss" wirbt und sich heimatverbunden als "Bäcker dahoam" gibt, hat keinen Betriebsrat und somit auch keinen Sozialplan. Auch das ist wohl bitter.

Da ist es sicher nur ein kleiner Trost, dass die Bäckereikette Rackl aus Olching vier Filialen und deren Mitarbeiter übernehmen wird. Meiers Betrieb gehört zwar der Innung an, aber er ist nicht mehr Mitglied beim Unternehmerverband Landkreis Starnberg. Angeblich weil er unzufrieden war, wie es aus Wirtschaftskreisen heißt.

Der promovierte Ökonom wählte für seine Meisterbäckerei auch eine Firmenform, die nicht allzu häufig ist: der des "eingetragenen Kaufmanns" (e.K.). Damit ist er alleiniger Inhaber, was laut Wirtschaftsjuristen den Vorteil hat, dass es keine Veröffentlichungspflicht für zentrale betriebliche Kennziffern wie Umsatz oder Rentabilität gibt und er frei über die Ausrichtung der Firma entscheiden kann - bis zu ihrer Auflösung.

Allerdings haftet er mit seinem Privatvermögen, wenn es zu finanziellen Problemen kommt. Das "Café Luitpold" in München, auf das er sich betrieblich künftig ganz konzentrieren möchte, betreibt er als GmbH & Co. KG. Dort ist er geschäftsführender Gesellschafter. In der Meier-Zentrale in der Emslander Straße in Starnberg sind laut Arbeitsagentur 45 Mitarbeiter beschäftigt - vom Bäcker bis zum Auslieferer. Die Filialen werden als eigenständige Unternehmen geführt.

Es gibt keinen Betriebsrat

Hinter diesem Prinzip der "Zersplitterung" stecke aber eine Strategie, glaubt Mustafa Öz, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in München und der Region. Er bedauert, dass es bei der Bäckermeisterei Meier keinen Betriebsrat gibt und daher die Belegschaft erst so spät von der geplanten Schließung erfahren habe. Denn sonst hätten die Mitarbeiter die Chance gehabt, viel eher auf die Kündigungen zu reagieren und einen neuen Job zu finden, sagt Öz.

Dass aber Firmenchef Meier auf dem Rücken seiner Mitarbeiter sie bis zum letzten Tag binde und die Produktion offen halte, bezeichnet der Gewerkschafter als "Sauerei". Denn Meier habe mit dieser Taktik offenbar "nur an sich gedacht", vermutet Öz.

Nun steigen also "Rackls Backstuben" - eine GmbH & Co KG und auch ohne Betriebsrat - in Meiers Filialnetz ein. Damit verfügt die Olchinger Firma über 44 Filialen und mehr als 260 Mitarbeiter. Deren Chef Xaver Rackl ist Diplom-Kaufmann und mit der Familie Meier befreundet.

Aber auch er sei von dem Ende der Bäckermeisterei überrascht worden, sagte Rackl auf Anfrage der SZ. Doch könne er es nachvollziehen, wenn sich Meier jetzt auf das Café Luitpold in München als große Aufgabe konzentrieren wolle. Stephan Meier war bis zum Donnerstagabend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2017
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