Süddeutsche Zeitung

Asyl:Gemeinde investiert in bessere Flüchtlingsbetreuung

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Berg bewilligt 20 000 Euro, damit ein Vertreter der Inneren Mission täglich als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Der Freistaat hatte die Betreuung verschlechtert.

Von Sabine Bader, Berg

Während landauf, landab Asyl-Helferkreise die Arbeit einstellen, weil ihnen die Mitglieder frustriert davonlaufen, engagieren sich die Berger nach wie vor für Flüchtlinge. Doch auch sie schlagen jetzt Alarm, denn die Staatsregierung hat im vergangenen Jahr den Betreuungsschlüssel drastisch gekürzt. Und das, obwohl sich die Helfer - bedingt durch die wachsende Perspektivlosigkeit vieler Flüchtlinge - mit immer neuen Problemen konfrontiert sehen, die sich mit Tatkraft und gesundem Menschenverstand alleine nicht mehr lösen lassen. Genannt wurden in der Sitzung des Berger Gemeinderats am Dienstagabend von den Helfern Schlagworte wie "psychische Ausnahmesituationen", "häusliche Gewalt" und "Drogen".

Die Verantwortung, mit diesen Herausforderungen richtig umzugehen "können wir nicht tragen", sagten sie. "Es geht um den sozialen Frieden in Berg". Um ihn zu wahren, springt die Gemeinde jetzt finanziell ein und stockt die Betreuungsstunden mit 20 000 Euro pro Jahr aus dem kommunalen Haushalt auf. An die 40 Ehrenamtliche waren am Dienstagabend ins Berger Rathaus gekommen, um den Gemeinderäten die Dringlichkeit ihres Anliegens zu schildern. Sie fordern einen Integrationsberater vor Ort in Berg. "Wir benötigen dringend eine Vollzeitstelle", erklärten sie in der Sitzung.

Im Berger Helferkreis engagieren sich seit Jahren rund 100 Bürger, 30 von ihnen aktiv. Die Situation in der Gemeinde hat sich vor allem dadurch verschärft, dass der bisherige Leiter des Helferkreises Iradj Teymurian sein Amt im November wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben musste. Der 72-Jährige, der aus dem Iran stammt und die Befindlichkeiten der Menschen in einem für sie fremden Land kennt, war bis dato immer erreichbar gewesen - für Asylsuchende wie Helfer gleichermaßen. Er hatte einen engen Kontakt zu den Behörden gepflegt und galt für alle als verlässlicher Ansprechpartner.

Derzeit leben im Berger Flüchtlingscamp 85 Menschen, weitere 23 Flüchtlinge sind in privaten Wohnungen untergebracht. Es gibt 41 Kinder und Jugendliche, die es gilt, in Schulen, Kindergärten, Sportvereinen zu integrieren und bei der Suche nach einem Beruf zu unterstützen. "80 bis 90 Prozent der männlicher Bewohner mit Arbeitserlaubnis haben einen Job", erläuterte Peter Born vom Helferkreis. Das klingt gut. Doch es ist nach wie vor schwierig für die Leute, diese Arbeitserlaubnis von den Behörden auch zu bekommen. "Die Asylsuchenden wollen aber etwas tun", hieß es von Seiten der Helfer. Um die Absurdität der Situation aufzuzeigen: "Die Leute dürfen nicht einmal im Camp Schneeschaufeln - aus versicherungstechnischen Gründen", hieß es.

Klare Worte für die momentane Situation fand auch Sabine Neumann, Mitarbeiterin des Ausländeramtes im Landratsamt, in der Sitzung: "Wir haben ein Dilemma, verursacht durch die Staatsregierung. Sie hat den Betreuungsschlüssel verschlechtert." Nachdem sich der Verein "Mensch zu Mensch" aus der Betreuung der Flüchtlinge zurückgezogen habe, sei man dennoch froh, dass die "Innere Mission" diese Aufgabe übernommen habe. Neumann empfahl der Gemeinde, ihre finanzielle Unterstützung aufzustocken und die von den Helfern geforderte Stelle direkt bei der Inneren Mission anzusiedeln.

Bislang ist ein Mitarbeiter der Inneren Mission an zwei Tagen pro Woche stundenweise im Berger Camp anwesend. Insgesamt sind laut neuem Betreuungsschlüssel für den gesamten Landkreis Starnberg sieben Vollzeitstellen genehmigt (früher waren es zehn), die bis Mitte Februar auf 14 Gemeinden verteilt sind. Kümmerte sich früher ein Betreuer um 150 Flüchtlinge, sind es jetzt 225 Asylsuchende. "Im Moment brennt es uns in Berg auf den Nägeln", bekannte Bürgermeister Rupert Monn, die anwesenden Gemeinderäte sahen es ähnlich. Das Gremium erklärte sich bereit, 20 000 Euro mehr pro Jahr dafür zu investieren, dass ein Vertreter der Inneren Mission künftig nicht nur stundenweise, sondern täglich in Berg als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Monn hofft, dass die Stundenzahl einer Vollzeitstelle gleichkommt.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2019
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